Iran-Atomdeal: Kompromiss von US-Regierung und Senatoren

Eigentlich hatte alles nach einer Konfrontation zwischen US-Regierung und Kongress ausgesehen. Nun werden sich Präsident Obama und die Senatoren im Streit um das iranische Atomprogramm doch einig. Dafür schürt Russland Ängste Israels.
dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Washington - Wenn man Senator Tom Cotton so zuhört, könnte man meinen, US-Präsident Barack Obama steuere die Welt geradewegs in einen Atomkrieg. Ob das nun noch 20 Jahre dauert oder nur zehn oder zwölf, da ist sich der Falke aus dem Südstaat Arkansas selbst nicht so sicher. Fest steht für ihn: Der Iran entwickelt sich mit dem bis Ende Juni geplanten Abkommen zu einer Atommacht, wie Cotton kürzlich dem Magazin "The Atlantic" sagte. Und: "Dies wird unausweichlich zu irgendeiner Art militärischer Konfrontation führen."

Nun ist der republikanische Jung-Star, mit nur 37 Jahren das mit Abstand jüngste Mitglied in der sonst von eher weißhaarigen Herren beherrschten Parlamentskammer, als Querschläger bekannt. Sein offener, teils arroganter Brief an den höchsten Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, hatte das Weiße Haus entrüstet - und ihn in den eigenen Reihen zum Helden gemacht. Der von insgesamt 47 Senatoren unterzeichnete Brief sollte klarstellen: Wir, der US-Kongress, haben im Atomstreit ein Wörtchen mitzureden.

So dürfte es nun auch kommen. Mit 19 Stimmen und null Gegenstimmen votierte der Auswärtige Ausschuss im Senat am Dienstag dafür, dem Kongress bei dem bis Ende Juni geplanten umfassenden Atomabkommen mit Teheran ein Mitspracherecht einzuräumen. Zwar muss der Gesetzentwurf noch den Senat und dann das Abgeordnetenhaus passieren - die Chancen dafür stehen aber gut. Tritt das Gesetz in Kraft, müsste Obama den Text der Einigung dem Kongress übermitteln und dürfte dann 30 Tage lang nicht an bestehenden Sanktionen gegen Teheran rütteln.

Obamas Außenminister John Kerry dürfte es zu verdanken sein, dass die Hardliner in der Senatskammer sich zu einer abgespeckten Fassung des zuerst sehr umstrittenen Gesetzes hinreißen ließen. Eigentlich war nämlich eine doppelt so lange Sperre von 60 Tagen vorgesehen, in denen Obama bei der Lockerung von Sanktionen die Hände gebunden wären. Durch die Verkürzung dieser Zeitspanne scheint nun ein Mittelweg gefunden: Der Kongress kann den Deal kritisch prüfen, ohne dass Obama unnötig gelähmt wird.

Hinter verschlossenen Türen hatte Kerry am Montag und Dienstag die Details des in der Schweiz ausgehandelten Rahmenabkommens offengelegt. Die demokratischen Abgeordneten hätten anschließend stehend applaudiert, berichtet das "Wall Street Journal". Die Regierung habe äußerst überzeugend dargelegt, warum sie die Zeit bis 30. Juni braucht, um einen Deal mit Teheran auszuhandeln - ohne, dass die Senatoren und Abgeordneten ihnen Steine in den Weg legen.

Obama kommt in dem Streit nicht ganz ohne Blessuren davon - und hätte den Kongress wohl am liebsten außen vor gelassen. "Ausgesprochen begeistert" sei der Präsident selbst nach den Änderungen am Entwurf des Ausschusses nicht gewesen, räumte sein Sprecher Josh Earnest ein. Aber die abgeschwächte Fassung sei eben ein Kompromiss, den er zu unterzeichnen bereit wäre. Hatte Obama zuvor noch mit einem Veto gedroht, scheint er seine strikte Opposition nun auch deshalb aufgegeben zu haben, um einen überparteilichen Rüffel zu vermeiden. In Washington herrscht also etwas Frieden - zumindest vorerst.

Dafür braut sich beim Thema Iran längst ein neuer Sturm zusammen: Die Entscheidung Russlands, einen 2010 verhängten Lieferstopp des Flugabwehrsystems S-300 an dis Islamische Republik aufzuheben, besorgt nicht nur Iran-Skeptiker im Kapitol. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hegt "große Bedenken", wie er Russlands Präsident Wladimir Putin am Telefon sagte. Der Verkauf würde den Iran nur zur "Aggression in der Region ermutigen" und die Stabilität des Nahen Ostens untergraben. Ähnliche Töne kamen von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier: Es sei noch zu früh, um "Belohnungen" an den Iran zu verteilen. Ob Russland das von seiner Entscheidung abbringt, bleibt fraglich.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.