Interviews und Fragebögen: die große Inventur
WIESBADEN/MÜNCHEN Es ist die erste große bundesweite Inventur im wiedervereinigten Deutschland überhaupt: Am heutigen Dienstag laufen auch in Bayern die Interviews zur Volkszählung an. Der offizielle Stichtag für die Zählung ist der gestrige 9. Mai. Für diesen Tag soll die Aktion eine Momentaufnahme Deutschlands bringen als Datengrundlage für viele Entscheidungen: Wie viele Menschen leben hier, wie wohnen und wie arbeiten sie? Die AZ klärt die wichtigsten Fragen:
Wer ist betroffen? Erstmals wird nicht das ganze Volk befragt, sondern eine Stichprobe von zehn Prozent der Menschen in Deutschland. Durch moderne Methoden lässt sich so dennoch ein Komplettbild ermitteln, versichern die Statistiker. Komplett erfasst werden lediglich alle Immobilienbesitzer, sie erhalten einen eigenen Fragebogen. Dazu kommt noch eine Befragung aller Menschen, die in festen Einrichtungen leben, sogar in Gefängnissen. Dort füllt aber die Anstaltsleitung aus. Insgesamt wird somit rund ein Drittel der Bevölkerung befragt.
Wie wird gefragt? Die Interviewer, gut 14500 sind es in Bayern, kommen ins Haus, kündigen sich aber vorher schriftlich an. Sie haben einen Ausweis und brauchen angeblich zwischen 10 und 30 Minuten. Wer will, kann seinen Fragebogen auch online ausfüllen oder per Post schicken. Dann muss er aber das Porto selbst bezahlen. Das hat bereits für Proteste gesorgt, ist aber rechtens. Ausschließlich online oder schriftlich läuft die Immobilienbefragung. Auch hier ist beim Postweg Porto fällig. Links zu den Musterfragebögen finden Sie hier.
Geht es auch ohne Termin? Nein. Denn die Interviewer müssen nicht nur die Fragebögen loswerden, sie haben auch die Aufgabe der „Existenzfeststellung”, sprich: Sie müssen mit Hilfe eines Anwesenden ermitteln, wer überhaupt in der jeweiligen Wohnung wohnt.
Und wenn ich nicht antworten will? Das ist egal: Bei Volksbefragungen besteht Auskunftspflicht, wer sich weigert, muss Bußgeld von bis zu 500 Euro bezahlen. Die Statistischen Ämter verweisen darauf, dass die ganze Zählung nur brauchbar ist, wenn sie nicht von einzelnen boykottiert wird.
Was passiert mit den Daten? Nach den Protesten in den Achtziger Jahren gegen die damalige Volkszählung bemüht sich das Statistische Bundesamt um Entspannung. Niemand müsse fürchten, dass persönliche Daten an Melde, Finanz- und Sozialämter weitergegeben würden, sagte Präsident Roderich Egeler zum Auftakt. Kritiker bemängeln, dass auch diskriminierende Fragen enthalten seien, etwa nach dem Geburstort.
Was kostet die Volkszählung? Voraussichtlich 710 Millionen Euro. Der Großteil der Arbeit beginnt erst, wenn die Befragungen im August abgeschlossen sind. Dann wird ausgewertet, erste Ergebnisse soll es im November 2012 geben.