Interview zur Pflege: "Es gibt überall schwarze Schafe"

AZ: Herr Kostrzewski, überlastete Pflegekräfte, schlecht versorgte Senioren: Immer wieder wird von katastrophalen Zuständen in Deutschlands Pflegeeinrichtungen berichtet. Ist das der Alltag?
ALEXANDER KOSTRZEWSKI: Von diesen Horrorgeschichten hört man immer wieder. Zum Glück sind wir davon in der Masse noch ein Stück entfernt. Fakt ist aber, dass die stationäre Pflege in Deutschland massiv mit der Qualität der Versorgung zu kämpfen hat. Dies ist vor allem durch den Mangel an qualifiziertem und erfahrenem Personal zu begründen. Auch die finanzielle Situation in der stationären Pflege könnte besser sein – trotz hoher Kosten.
Ohnehin zieht es die Mehrheit der älteren Bürger in Deutschland vor, in den eigenen vier Wänden gepflegt zu werden. Doch das ist teuer....
Nicht unbedingt! Es gibt durchaus legale und bezahlbare Alternativen zum Seniorenheim.
Die wären? Eine der wichtigsten stellt die häusliche Rund-um-die-Uhr-Betreuung dar. Es gibt spezialisierte Agenturen, die erfahrene und deutschsprachige Betreuungskräfte aus Osteuropa an betroffene Haushalte vermitteln. Sie werden aus dem EU-Ausland zu ihrem Einsatz nach Deutschland entsendet. Hierbei wechseln sich in der Regel zwei Kräfte in einem Rhythmus von zwei bis drei Monaten bei den Familien vor Ort ab. Durch dieses Modell ergibt sich eine größtmögliche Konstanz der Bezugspersonen, an die sich die Senioren gewöhnen müssen. Es wird eine umfassende Versorgung gewährleistet und Freiräume bei den Angehörigen geschaffen, die die Betroffenen gut versorgt wissen können.
Sie sagen, viele Agenturen vermitteln günstige Pflegekräfte aus Osteuropa. Doch Verbraucherschützer halten wenig davon, vor allem weil viele Pflege-Unternehmer sich am Rande der Legalität bewegen. Leider hat der Gesetzgeber bisher keine unmissverständliche Regelung getroffen. In Deutschland gibt es den Tatbestand der häuslichen Gemeinschaft in der Betreuung nicht. Daher bedient man sich dem übergeordneten EU-Recht der Arbeitnehmerentsendung, um rechtlich sauber zu arbeiten. Hinzugekommen ist der Verwaltungsaufwand durch das seit Anfang des Jahres geltende Mindestlohngesetz. Im Prinzip ist das Gesetz sehr zu befürworten, die Umsetzung in die häusliche Praxis lässt leider weiterhin zu wünschen übrig.
In den kommenden Jahren werden immer mehr ältere Menschen auf Pflege angewiesen sein. Der Bedarf an Pflegediensten wird immens steigen. Private Unternehmer wittern ihre Chance, der lukrative Markt ist hart umkämpft. Da gibt es doch sicherlich auch schwarze Schafe? Leider gibt es so gut wie überall schwarze Schafe, die durch ihre Handlungsweisen auch den Ruf von professionell agierenden Anbietern schaden. Abstand nehmen würden wir von Billig-angeboten.
Bei welchen Beträgen sollten Betroffene und Angehörige stutzig werden? Wenn man von einer 40-Stunden-Woche ausgeht, sind bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro Angebote unter 2000 Euro pro Monat einschließlich Lohnnebenkosten einfach nicht gesetzeskonform realisierbar. Weiterhin gibt es Anbieter im Ausland, die ihr Personal nicht ordnungsgemäß entsenden. Prüfen Sie auch nach, ob die entsprechenden Dienstleistungsverträge mit den ausländischen Anbietern verständlich und transparent gestaltet sind, keine Mindestvertragslaufzeiten gefordert werden und nirgendwo versteckte Gebühren auftauchen (weitere Tipps: siehe Kasten, die Redaktion).
Was können die Angehörigen tun, wenn die Chemie zwischen dem Betroffenen und der Pflegekraft nicht stimmt? Auch die beste Planung im Voraus kann den „Faktor Mensch“ nicht völlig aushebeln. Es ist daher wichtig, einen Anbieter zu wählen, der eine Zufriedenheitsgarantie anbietet. Falls die Sympathie zwischen den Betreuungskräften und den Betroffenen nicht gegeben ist, bietet ein seriöser Anbieter einen kostenlosen Personalwechsel an. Dies bedeutet Sicherheit für die Angehörigen.
So finden Sie den richtigen Pflegedienstleister
Informationen und Auftreten: Ein kostenloses Beratungsgespräch sollte in jedem Fall geführt werden – entweder im Agenturbüro des Pflegedienstes, vor Ort beim Betroffenen oder telefonisch. Der Agenturvertreter sollte sich zudem viel Zeit dafür nehmen, mit den Angehörigen den genauen Betreuungsaufwand zu verstehen und schriftlich zu erfassen. Nur so kann der für einen Betreuungseinsatz vorgesehene Seniorenbetreuer umfassend über die Anforderungen beim Betroffenen informiert werden.
Die Pflegekräfte aus Osteuropa: Deutsche Pflegedienste kooperieren mit einer Vielzahl von Dienstleistern aus Osteuropa, die den Familien Personal für Betreuungseinsätze an die Hand geben. Bei diesen Dienstleistern gibt es sehr große Qualitätsunterschiede bei der Auswahl, der Qualifikation und den Deutschkenntnissen der Betreuungskräfte sowie den Vergütungsmodalitäten des Personals und der Rechtssicherheit der Verträge mit den deutschen Familien. Lassen Sie sich durch Ihre Senioren-Agentur vollumfänglich über die Arbeitsweise des osteuropäischen Dienstleisters informieren.
Mindestlohn: Der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde gilt auch für in deutschen Haushalten tätige Pflegekräfte aus Osteuropa. Als Auftraggeber des osteuropäischen Dienstleisters müssen sich deutsche Familien vergewissern können, dass dieser mindestlohnkonform arbeitet.
Zuschussmöglichkeiten: Eine Förderung der häuslichen Betreuung durch osteuropäische Seniorenbetreuer erfolgt über das Pflegegeld. Die Höhe ist abhängig von der Pflegestufe des Betroffenen.
Aufgaben der Pflegekraft: Die Betreuungskräfte kümmern sich um die Betreuung der Betroffenen im Alltag, einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung wie die Zubereitung von Mahlzeiten oder Unterstützung bei der Mobilität und der täglichen Körperpflege.
Ansprüche der Pflegekraft: Das Pflegepersonal für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung hat einen Anspruch auf ein möbliertes, abschließbares Zimmer. Es muss der Zugang zu Bad/WC und Küche gewährleistet werden.