Intelligenz und Ehrgeiz

Heute macht Barak Obama Hillary Cliton zu einer der mächtigsten Frauen der Welt. Ist sie Teamplayerin oder Einzelkämpferin? Was Experten von der neuen Außenministerin halten
Meine Mutter und meine Großmutter hätten mein Leben nie führen können“, schreibt Hillary Clinton in ihrer Autobiografie „Living History“. „Aber sie gaben mir das Versprechen Amerikas, das mein Leben und meine Entscheidungen möglich machte.“ Das Versprechen, dass alles möglich ist, wenn man nur hart genug dafür kämpft. Es ist dasselbe Versprechen, das Obama zum Präsidenten machte. Vielleicht macht genau diese Gemeinsamkeit beide zu einem guten Team. Heute will Obama Clinton zur Außenministerin ernennen.
Die Ex-Rivalin als enge Mitarbeiterin – kann das gutgehen?
„Ihre Nominierung war eine strategisch sehr kluge Entscheidung“, sagt Berndt Ostendorf, emeritierter Professor am Amerika-Institut der LMU München. Hillary bringe vier Vorteile mit: „Erstens ist sie sehr erfahren und kennt den Polit-Apparat. Zweitens ist sie eine Frau und holt die Unterstützung der weiblichen Anhänger. Drittens wird sie auch von den Republikanern ernstgenommen. Und viertens steht sie für einen Pro-Israel-Kurs, der in den USA traditionell sehr wichtig ist.“
Wie hat Obama sie rumgekriegt?
Hillary wäre nicht Hillary, hätte sie nicht gepokert. Insider munkeln, Hillary habe sich einen direkten Zugang zum Präsidenten zusichern lassen. Außerdem darf sie sich ihre Regierungsbeamten und Berater selbst aussuchen.
Kann Hillary sich wirklich unterordnen?
„Ihr Ehrgeiz ist eine tickende Zeitbombe“, schrieb ein US-Kolumnist. „Das halte ich für eine machohafte Unterstellung“, sagt Ostendorf. „Sie ist eine hochintelligente, versierte Frau und sie wäre dumm, sich unkooperativ zu verhalten.“ Vertraute der beiden bescheinigen außerdem: „Die Rivalität des Vorwahlkampfs ist weg, sie haben eine gute Arbeitsgrundlage gefunden.“ Hillary habe es sehr geschmeichelt, dass Obama sie noch im Wahlkampf um Rat fragte. Im Gegenzug redete sie lange mit Obamas Frau Michelle über „Kindererziehung im Weißen Haus“ und beriet sie bei der Schulwahl. Obamas Töchter besuchen jetzt die Eliteschule Sidwell Friends, genau wie einst Clinton-Tochter Chelsea.
Was für eine Außenpolitikerin wird Hillary sein?
Die 61-Jährige hat gleich mehrere Großbaustellen zu beackern. Im Umgang mit Guantánamo liegt sie mit Obama auf einer Linie – das Gefangenenlager soll so bald wie möglich dicht gemacht werden. „Ihre Achillesverse ist die Irak-Politik“, sagt Ostendorf. Anders als Obama hatte sie im Senat für den Krieg gestimmt. Hier muss sie sich ihrem Chef beugen. Und auch beim Thema Iran – da hörte sie sich im Wahlkampf manchmal an wie John McCain: „Notfalls werden wir Iran angreifen“, sagte sie damals. Obama setzt dagegen auf Diplomatie.
Was ist mit dem Nahost-Konflikt?
„Wenn jemand die Durchsetzungskraft hat, den Friedensprozess auf einen neuen Weg zu bringen, dann Hillary“, glaubt Ostendorf. „Sie muss nur aufpassen, nicht zu ruppig vorzugehen.“ Hillary steht auf Israels Seite. Sie lehnte Verhandlungen mit der Hamas stets ab und sprach sich auch für die israelischen Sperranlagen rund ums Westjordanland aus. „Ausgleichend könnte hier Obama wirken“, sagt der Amerika-Forscher. „Als Sohn eines Muslimen könnte er die arabische Welt auf seine Seite bringen.“
Annette Zoch