Integrationsdebatte - Und wer integriert Schwarz-Gelb?
BERLIN/ISTANBUL - Während Bundespräsident Christian Wulff in der Türkei freudig begrüßt wird, streitet in Berlin die Koalition heftigst. Eine Frontalattacke gegen Seehofer und die türkischen Medien beschäftigen sich mit der Frau des Bundespräsidenten.
Es sind heikle innen- und außenpolitische Missionen in Sachen Integration: Während Bundespräsident Christian Wulff nach all den Debatten um Islam und Integration zu seinem bislang spannendsten Staatsbesuch in die Türkei aufbricht, spaltet das Thema zu Hause Schwarz-Gelb ganz offen: FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle startete am Montag eine Frontalattacke auf CSU-Chef Horst Seehofer. Brüderle fordert mehr Einwanderung zur Behebung des deutschen Fachkräftemangels. Um im Ausland erfolgversprechender anwerben zu können, soll unter anderem die Mindestgehaltsgrenze abgesenkt werden: Bisher braucht es für einen unbefristeten Aufenthalt einen Jahresverdienst von 66000 Euro. Künftig sollen 40000 ausreichen, fordert Brüderle.
„Für mich ist ganz klar, dass wir eine geordnete Zuwanderung brauchen“, sagte der Wirtschaftsminister demonstrativ. Kurz zuvor hatte Seehofer bei diesem Thema noch nachgelegt: „Auch ein prognostizierter Fachkräftemangel kann kein Freibrief für ungesteuerte Zuwanderung sein“, so Seehofer.
Brüderle nannte das „Stimmungsmache“. Das Land müsse eine andere „Willkommenskultur“ entwickeln, sagte er. Und FDP-General Christian Lindner wies freudig daraufhin, auch die CDU-Ministerinnen von der Leyen und Schavan seien Brüderles Meinung: Stoff genug für eine Sitzung, bei der das Kabinett nächste Woche über Integration beraten will. Dabei soll es vor allem um mehr Sanktionen gegen die sogenannten „Integrationsverweigerer“ gehen. Regierungssprecher Steffen Seibert kündigte Initiativen gegen Zwangsheiraten und die „Durchsetzung der Integrationspflicht" an.
Schwarz-Gelb beäugt auch aufmerksam, wie sich Wulff in der Türkei schlägt. Seit seinem Bekenntnis zum Islam ist Wulff dort beliebter als in Teilen der Union. Am Dienstag spricht er vor dem türkischen Parlament. Die „Hürriyet“ gewann dem Besuch noch andere Seiten ab: Auf Seite 1 druckte das Blatt ein Bild von Präsidentengattin Bettina Wulff und titelte: „Fünf Tage Türkei mit tätowierter First Lady.“ mue