Innenminister Friedrich will Reform

Nach dem angekündigten Rücktritt von Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm will Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich weitere Konsequenzen ziehen und die Behörde reformieren.
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Nach dem angekündigten Rücktritt von Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm will Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich weitere Konsequenzen ziehen und die Behörde reformieren.

Berlin - Angesichts bohrender Fragen zur Rolle von V-Leuten in der rechtsextremen Terror-Szene wachsen Aufklärungsdruck und grundsätzliche Zweifel am Verfassungsschutz.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dringt auch nach dem angekündigten Rückzug von Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm auf weitere Konsequenzen und eine Reform der Behörde.

Der Untersuchungsausschuss zur Mordserie der Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) will klären, ob V-Leute des Verfassungsschutzes im direkten Umfeld der NSU eingesetzt waren und ob durch die Vernichtung der Akten zu den V-Leuten etwas vertuscht werden sollte. Misstrauen sei da, sagte Grünen-Obmann Wolfgang Wieland am Dienstag am Rande der ersten Ausschusssitzung nach dem angekündigten Rückzug Fromms.

Friedrich sagte im Deutschlandfunk mit Blick auf die Aktenvernichtung: "Es darf natürlich das, was passiert ist, nicht passieren, und deshalb muss es da auch Konsequenzen geben." Fromm gehe am 31. Juli in Ruhestand. "Dann werden wir ganz in Ruhe über Reformen oder über Veränderungen beim Verfassungsschutz reden."

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte der dpa, man müsse über die Abschaffung des Verfassungsschutzes nachzudenken. "Der Verfassungsschutz ist in einer Vertrauenskrise", sagte der NSU-Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD). Grünen-Chef Cem Özdemir sagte dem "Hamburger Abendblatt": "Der Verfassungsschutz auf Bundes- und Landesebene gehört komplett auf den Prüfstand."

Der NSU-Untersuchungsausschuss verstärkt den Aufklärungsdruck. An diesem Mittwoch stünden den Abgeordneten die restlichen Akten zur "Operation Rennsteig" in der Berliner Außenstelle des Bundesamts ungeschwärzt zur Verfügung, teilte Edathy mit. Dabei geht es um die Beobachtung der Thüringer Neonazi-Szene durch V-Leute. Bei der "Operation Rennsteig" zwischen den Jahren 1997 und 2003 ging es um den Einsatz von V-Leuten im Umfeld des Thüringer Heimatschutzes.

Mehrere Abgeordnete wollen sich die Akten ansehen. Der Zeitdruck ist hoch. Denn am Donnerstag wird nicht nur der scheidende Präsident Fromm vor dem Ausschuss aussagen. Erscheinen soll auch der Beamte, der die Aktenvernichtung angeordnet habe, wie der Ausschuss am Dienstag beschloss. "Wir müssen sehen, ob etwas vertuscht werden sollte", sagte SPD-Obfrau Eva Högl.

Weil Inhalte der vernichteten Akten zum Einsatz von V-Leuten auch in die noch bestehenden Akten eingeflossen seien, könne die nun geplante Akteneinsicht zur Aufklärung beitragen, erläuterte Grünen-Obmann Wieland. Er zeigte sich tief besorgt. Denn: "Die Dateien sind nicht vollständig geführt worden." Insofern sei nicht klar, ob die Kernfrage beantwortet werden könne, "ob die drei der Zwickauer Terrorzelle oder ihr engstes Umfeld irgendwann einmal Vertrauenspersonen waren".

Unionsobmann Clemens Binninger (CDU) verlangte Aufklärung, ob die V-Leute des Verfassungsschutzes Mitläufer oder Schlüsselfiguren der NSU waren. Hans-Christian Ströbele (Grüne) forderte, der Ausschuss müsse die V-Leute oder ihre Führungsleute direkt vernehmen können. Mehrere Ausschussmitglieder schlossen weitere Rücktritte nicht aus. "Je mehr man unter den Teppich kehren möchte, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man irgendwann über den Teppich stolpert", sagte Edathy.

Linke-Obfrau Petra Pau nannte es einen Skandal, dass der Militärischen Abschirmdienst (MAD) seine Akten nicht herausgebe. Friedrich müsse dies bei Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) erwirken. "Der Aufklärungswille der Behörden muss unter Beweis gestellt werden", sagte FDP-Obmann Hartfrid Wolff.

Der Ausschuss untersucht, wie es zur Mordserie der Neonazi- Terroristen kommen konnte. Am Dienstag vernahm er Beamte, die die Anschläge der Zwickauer Zelle in Nordrhein-Westfalen untersuchten. Dabei gehe es darum, ob die Einschätzung des damaligen Innenministers Otto Schily (SPD), es handele sich nicht um einen rechtsextremen Hintergrund, Einfluss auf die Ermittler gehabt habe, sagte Pau.

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