In Kreuth spuken die Geister

Bei der Klausur der CSU-Landesgruppe muss sich Horst Seehofer um die FDP sorgen und darf seinen Lieblingsfeind in Berlin nicht angreifen
von  Angela Böhm
Lichtgestalt im Kreuther Schnee: Horst Seehofer wird von einem Scheinwerfer angestrahlt, Gerda Hasselfeldt (r.) und Alexander Dobrindt (l.) blicken in die Kameras.
Lichtgestalt im Kreuther Schnee: Horst Seehofer wird von einem Scheinwerfer angestrahlt, Gerda Hasselfeldt (r.) und Alexander Dobrindt (l.) blicken in die Kameras. © dpa

Bei der Klausur der CSU-Landesgruppe muss sich Horst Seehofer um die FDP sorgen und darf seinen Lieblingsfeind in Berlin nicht angreifen. Und für Wulff hat er auch keinen Rat.

KREUTH
Es ist wie verhext: Schon im letzten Jahr hat Christian Wulff der CSU den Kreuth-Auftakt mit seiner Affäre als Bundespräsident vermasselt. Jetzt macht er Horst Seehofer wieder einen Strich durch seine Rechnung: Diesmal mit der Trennung von Ehefrau Bettina. Aber er war nicht der Einzige: Gleich drei Geister, die die CSU nicht gerufen hat, spukten gestern über Kreuth: Neben Wulff stellten auch noch Wowereit und Rösler die Schwarzen in ihrem abgelegenen Tal in den Schatten.

Seehofer muss das geahnt haben. Schon morgens in München sagt er: „Ich bin von Vorfreude erfüllt und einer gewissen Spannung. Die Tagungen in Kreuth haben immer etwas Ungewisses an sich.“
Nachmittags, als er in Kreuth ankam, war dann alles schon ganz gewiss.

Die Trennung der Wulffs: „Viele von uns haben auch schon manches miterlebt im privaten Bereich. Da braucht es keine Ratschläge von uns", sagt Landesgruppen-Chefin Gerda Hasselfeld. Da werden Erinnerungen wach. Sie weiß noch genau, wie sich die CSU-Bundestagsabgeordneten hier um die „Bild“-Zeitung rissen. Die hatte zum Auftakt Kreuths Seehofers Doppelleben enthüllt – und dass seine Geliebte ein Kind erwartet. Sechs Jahre ist das her. Generalsekretär Alexander Dobrindt steckt die Wulffs gleich mit dem Fußballer-Paar Van der Vaart in eine Schublade. „Nein“, sagt er, „über private Fragen verbietet sich ein Kommentar.“

Auch Seehofer kommt nicht drumrum. Welchen Ratschlag er für Wulff nun habe, wird er gefragt. Der CSU-Chef dreht sich um, zeigt in die vom Nebel verhüllten Berge und lenkt ab: „Ist es nicht schön hier?" Zu Wulff schweigt er: „Kein Kommentar."

Wowereits Flughafen-Desaster um den erneut geplatzten Eröffnungstermin ist ein ebenso heikles Thema für die CSU. Hier spielt sie den Ball flach. Schließlich hängt auch ihr Parteivize, der Bundesverkehrsminister, mit drin. Peter Ramsauer hat alle Interviews in Kreuth abgesagt. Wortlos drängt er sich zum Eingang, will sich zum Flughafen Berlin kein Wort entlocken lassen. Dann sagt er doch einen einzigen Satz, bevor sich die Klausur-Tür schnell hinter ihm schließt: „Wenn der Flughafen in Betrieb ist, werden alle sagen: Ein großartiges Werk!"

Horst Seehofer trifft nach Ramsauer in Kreuth ein. Er, der sonst jede Gelegenheit nutzt, um seinen Lieblingsfeind Klaus Wowereit eine reinzuwürgen, ist ganz zurückhaltend: „Ich will das von 500 Kilometer Entfernung nicht kommentieren. Das soll der Verkehrsminister machen.“ Der will aber nicht. „Da hat er recht", sagt Seehofer.

Gegen schnelle Rücktritte von Verantwortlichen ist Hasselfeldt. Auf die Frage, ob das Flughafen-Desaster auch Konsequenzen für den Verkehrsminister Ramsauer haben könnte, sagt sie: „Es geht hier nicht darum, wer welches Amt verlässt oder im Amt bleibt, sondern um eine Aufklärung des Sachverhalts.“ CSU-General Dobrindt ist sicher: „Ich kann nur hoffen, dass der Berliner Flughafen eröffnet wird, bevor das Beamen erfunden wird.“

Bei Röslers Untergang bleibt der CSU auch nur noch die Hoffnung. Seehofer fleht in Kreuth die Liberalen an, ihre Personalquerelen zu beenden: „Im Interesse des Landes Niedersachen“. Und der Union, die sonst bald keinen Koalitionspartner mehr hat.

Dobrindt wettert über „Desperados“ wie Entwicklungsminister Dirk Niebel. „Wenn die nicht endlich zum Synchronschwimmen kommen, wird es in der FDP-Badewanne eng."
 

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