Immer auf Probe

Jeder zweite Arbeitsvertrag ist befristet: Die AZ-Redakteurin Vanessa Assmann über Kettenbefristungen und Geburtenrückgang.  
von  Vanessa Assmann

2011 war ein rekordreiches Jahr: Noch nie zuvor wurden in der Bundesrepublik so wenige Kinder geboren. Und noch nie zuvor waren so viele Menschen befristet beschäftigt. Dass diese beiden Meldungen zusammen hängen, ist offenkundig. Nicht nur der Fall jener (kinderlosen) Kölner Verwaltungsangestellten mit 13 befristeten Verträgen in 11 Jahren im gleichen Job zeigt: Befristete Verträge erlauben eben auch nur befristete (Familien-) Planungen.

Und genau das ist zum alltäglichen Dilemma geworden: Nach der Schule investieren junge Menschen Jahre in Studium oder Ausbildung, verdingen sich in Nebenjobs, machen unbezahlte Praktika. Das große Ziel: Der erste Arbeitsvertrag. Doch der ist bei jedem Zweiten befristet. Und die Chance, später übernommen zu werden, steht statistisch fifty-fifty. Viele, vor allem junge Frauen, hangeln sich so von einem Job auf Zeit zum nächsten und langfristige Pläne bleiben auf der Strecke.

Schlecht für die Gesellschaft: An Kinder ist nicht denken – Elterngeld, Kita-Ausbauplänen und anderen politischen Ideen zum Trotz. Dabei gibt es Gründe, warum Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nur befristet an sich binden: Ein einzelnes Projekt. Eine unsichere Geschäftslage. Eine Schwangerschaftsvertretung. Ereignisse, die eintreten. Die aber auch vorübergehen.

Das muss auch für Jobs auf Zeit gelten. Denn sonst ist dies nichts anderes als eine künstlich erzeugte, endlose Probezeit. Mit neuer Negativrekord-Garantie.

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.