Im Namen des Vaters

Florian Streibl will sich den Stimmkreis von Edmund Stoiber für die Freien Wähler schnappen. Doch Stoiber-Sohn Dominic will das verhindern. Für die CSU bläst er zum Angriff: Erst will er in den Bezirkstag - später in den Landtag.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Dominic Stoiber
dpa Dominic Stoiber

MÜNCHEN - Florian Streibl will sich den Stimmkreis von Edmund Stoiber für die Freien Wähler schnappen. Doch Stoiber-Sohn Dominic will das verhindern. Für die CSU bläst er zum Angriff: Erst will er in den Bezirkstag - später in den Landtag.

Nein, Dominic Stoiber (28) will nicht. Um nichts auf der Welt. Ein Treffen mit Florian Streibl (45) lehnt er kategorisch ab. Denn es herrscht Wahlkampf zwischen den beiden. Das Duell der Söhne, zwischen Wolfratshausen, dem Karwendel und Mittenwald. Beide wollen dort die Macht. Der eine für die CSU. Der andere für die Freien Wähler. Ausgerechnet im Revier ihrer Väter, die es beide an die Spitze Bayerns schafften. Erst Max Streibl, der Oberammergauer. Der dann 1993 von seinem Zögling Edmund Stoiber entmachtet wurde. Ein Familiendrama wie aus einem Heimatroman.

Florian Streibl will nun Genugtuung. Für das, was die CSU seinem Vater mit der Amigo-Affäre angetan hat. Er erlebte, wie die Intrigen und Machtkämpfe an seinem Vater zehrten und diesen am Ende zerstörten. „Stoiber wäre damals auch anders ans Ziel gekommen“, sagt Florian Streibl heute. Vergessen hat er die Zeit von damals nicht. „Diejenigen, die sich als die besten Freunde meines Vaters ausgaben, als er Ministerpräsident war, haben ihm danach nicht mal mehr eine Karte zu Weihnachten geschickt“ sagt er. „Die CSU hat ihn regelrecht totgeschwiegen.“ Der Entschluss, aus der CSU auszutreten, fiel Florian Streibl damals leicht. Nun will er für die Freien Wähler in den Landtag. „Für mich wäre das Gerechtigkeit, wenn ich jetzt Stoiber in seinem Stimmkreis beerben würde.“

Beerben will aber auch Dominic Stoiber (28) seinen Vater. Wenn auch noch nicht gleich. Er kandidiert erstmal für den Bezirkstag. Eine direkte Übernahme des Stimmkreises hätte für zu viel Aufregung gesorgt. So darf der Bürgermeister von Bad Heilbrunn, Martin Bachhuber (52), den Platzhalter für den Landtag spielen. Den Strohmann für die Stoibers. „Er ist mein Wunschnachfolger“, preist Edmund Stoiber ihn an. Dabei ist der nette, brave, aber unscheinbare Verwaltungswirt, der bei seinen Reden noch üben muss, alles andere als Stoibers Geschmack. Bachhuber ist ein Verlierer. Zwölf Jahre war er Vize-Landrat von Bad Tölz. Bei der Kommunalwahl wollte er den Chefsessel. Aber die Bad Tölzer wollten ihn nicht. Erstmals in der Nachkriegszeit regieren dort nicht mehr die Christsozialen, sondern die Freien Wähler.

Edmund Stoiber macht Wahlkampf - für seinen Sohn

Im Trio zieht Edmund Stoiber jetzt mit Sohn Dominic und Martin Bachhuber übers Land. Im Postkeller in Mittenwald fordert er von seinen Zuhörern: „Ich hoffe, dass ich ein schönes Geburtstagsgeschenk bekomme. Eine deutliche Mehrheit für dieses Land und für Dominic und Martin!“ Am 28. September feiert Stoiber nämlich seinen 67.Geburtstag. Aber nur 150 Mittenwalder sind gekommen. Mit Vorhängen haben sie den Saal abgetrennt, damit’s voller ausschaut. Alle drei haben sie einen Trachtenanzug an. „Dominic, der hat das gemacht, ohne mich zu fragen“, erzählt Stoiber. „Ich hätt’ ihm abgeraten“, versichert er. Auch wenn’s ihm keiner glaubt. „Aber wenn schon, dann wenigstens in der richtigen Partei“, lässt er noch einen Giftpfeil gegen Florian Streibl los.

Dominic selbst sagt wenig: Er stellt sich vor, sagt, dass er 28 Jahre alt sei, bei einem Medienkonzern arbeite und das Thema für ihn die Pflege älterer Bürger aber auch die Heimatpflege zum Erhalt der Kultur sei. „Wir brauchen Laptop, aber auch Lederhosen.“ Diesen Satz sagt er auf jeder Veranstaltung. Drunten im Publikum sitzt seine frisch angetraute Melanie und himmelt ihn an. Im Staats-Audi, den der Papa noch fahren darf, samt Chauffeur und den Bodyguards im Wagen dahinter, ist der Stoiber-Clan vorgefahren.

Für Dominic ist Politik eine „Herzensangelegenheit“. Dabei hatte er es daheim, bei dem Politiker-Vater, nicht leicht. Der stellte seinen Sohn schon mal öffentlich bloß: Für seine Banklehre habe der nur das Allernötigste getan. Zu seinem 60. Geburtstag wünschte sich Stoiber vor Publikum, dass sein Sohn „ordentlich durchs Leben geht“. Das Studium der Betriebswirtschaft brach Dominic ab, wechselte zur Politikwissenschaft. Als Diplom-Politologe kam er bei Pro Sieben/Sat1 als Produktmanager unter. Nun setzt der Filius auf die Politik. Und sein Name hilft ihm dabei. „Dominic macht es mit voller Leidenschaft“, sagt Edmund Stoiber zur AZ. „Ich weiß, was das für ein schwieriger Weg ist.“

Florian Streibl, drüben in Oberammergau, wollte den nie gehen. „Politiker werden, nein, das war nie mein Ziel“, gesteht er. Er, der Jüngere, kapselte sich vom Elternhaus ab, wollte nicht wie sein zwei Jahre älterer Bruder Martin Mitglied der First Family sein. Nach dem Abitur in München studierte er Theologie. Aber Pfarrer wollte er nicht werden. „Dann mach halt noch Jura. Damit kannst du alles machen“, riet ihm sein Vater damals. „Das war das einzige Mal, wo ich auf ihn gehört habe“, sagt der Sohn heute. Als Theologen und Rechtsanwalt zog es ihn wieder zurück in das Heimatdorf der Streibls. Nach Oberammergau.

Sein Elternhaus gleich hinter der Passionswiese ließ er zum Geschäftshaus umbauen. Im dritten Stock ist seine Anwaltskanzlei. Ehefrau Barbara managt das Sekretariat sowie die beiden Kinder Hannah (14) und Quirin (7). Die CSU hat in Oberammergau schon lange nichts mehr zu melden. Ganze zwei CSUler und ein SPDler sitzen im 20-köpfigen Gemeinderat. Parteifreie Gruppen und Wählergemeinschaften regieren den Passionsort. „Irgendwann kommt der Punkt, wo du dich der Politik nicht mehr entziehen kannst“, begründet Streibl seinen Schwenk. Seit sieben Jahren sitzt er im Gemeinderat.

Vor einem Jahr, als in Oberammergau per Bürgerentscheid darüber abgestimmt wurde, ob Jesus am Abend sterben darf und nicht wie die letzten 400 Jahre am Nachmittag, führte Streibl die Traditionalisten an – und unterlag. Unterlegen ist er auch bei der Kommunalwahl. 64 Stimmen fehlten ihm zum Rathausthron. Den besetzt nun ein Parteiloser. Streibl ist sein Vize.

Kurz danach meldeten sich die Freien Wähler, er solle sich doch für ein Landtagsmandat bewerben. Streibl sagte sofort zu. Für einen Politiker habe er alle Voraussetzungen. „Als Rechtsanwalt bin ich ja quasi auch Seelsorger und höre in meiner Kanzlei mehr als der Pfarrer im Beichtstuhl.“

Warum er für die Freien Wähler antritt und nicht für die CSU, erklärt der seelsorgende Jurist ganz simpel: „Die CSU war mal vor 30 Jahren tief verwurzelt. Das hat sie verloren. Ihre Politik hat sich verkehrt.“ Die sei nur noch vom bayerischen Ministerpräsidenten ausgegangen. Und zwar nach unten, giftet er gegen Stoiber. „Ich aber möchte, dass Politik wieder auf die Füße gestellt wird und vom Bürger ausgeht.“ Im Straßen-Wahlkampf will er das den Wählern nahebringen.

Dominic Stoiber setzt mehr auf die gute Stube – und versucht mit Kaffee-Kränzchen Wählerstimmen zu gewinnen. In 25 Wohnzimmern war er schon. „Ich bringe Kuchen“ sagt er. „Man kann mich anmailen, dann komme ich vorbei.“ Bis zum Wahltag ist er schon ausgebucht.

Angela Böhm

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.