Im Büßergewand

MÜNCHEN - Ministerpräsident Horst Seehofer entschuldigt sich bei Bayerns Bürgern für das Desaster um die Landesbank. Der Freistaat steht mit dem Rücken zur Wand
Er hat sich die Worte ganz genau überlegt, sie sich nachts im Bett durch den Kopf gehen lassen. Im Redemanuskript stehen sie nicht, als er am Mittwoch um 12 Uhr ans Rednerpult im Landtag geht, um das Desaster der BayernLB zu erklären. Eigentlich hätte es seine erste Regierungserklärung werden sollen – es wird der erste Kotau eines bayerischen Ministerpräsidenten.
„Ich möchte mich für die gesamte Staatsregierung bei der Bevölkerung und auch bei den Mitarbeitern entschuldigen“, sagt Horst Seehofer. „Für die Fehler, die in dieser Bank, im Vorstand, im Verwaltungsrat und bei den beiden Eigentümern – den Kommunen und Sparkassen und dem Freistaat Bayern – gemacht wurden.“
Wut über Stoiber
Zuvor hat er bereits eine Entschuldigung des früheren Finanzministers Kurt Faltlhauser verlesen. Die hatte Seehofer von ihm eingefordert. „Da ich als politischer Pensionist keine Konsequenzen mehr aus meinem Bekenntnis zur Verantwortung ziehen kann, bleibt mir nur die Möglichkeit, mich zu entschuldigen – vor allem bei den nun ausscheidenden Mitarbeitern der Bank. Das tue ich hiermit: Ich entschuldige mich.“
Gerne hätte Seehofer auch noch eine Entschuldigung von seinem Vorgänger Edmund Stoiber vorgelesen, doch der bringt das Wort „Entschuldigung“ weder über seine Lippen noch zu Papier. Am Dienstagabend rang er sich noch eine Erklärung ab, er sehe die Mitverantwortung der Regierung und bedaure die Folgen für die Mitarbeiter und den Freistaat. „Eine Entschuldigung ist das nicht“, giftet CSU-Fraktionschef Georg Schmid. „Da steht nirgendwo: Ich entschuldige mich.“
"Sie können nicht mehr anders"
Doch die Opposition im Landtag nimmt die Entschuldigungen nicht an. „Sie wollen nicht ehrlicher sein als Ihre Vorgänger“, schleudert SPD-Fraktionschef Franz Maget dem neuen Ministerpräsidenten entgegen. „Sie können nur nicht mehr anders. Sie können nicht mehr täuschen.“
Der Freistaat steht mit dem Rücken zur Wand. Wenn der Steuerzahler nicht mit dem Zehn-Milliarden-Kredit zur Hilfe springt, übersteht die Landesbank den Heiligen Abend nicht. „Bis heute hat keiner der Verantwortlichen hier Fehler eingeräumt“, hält Maget Seehofer vor. Die CSU habe das Desaster der BayernLB ein Jahr lang verharmlost, verleugnet, ignoriert, habe den Landtag getäuscht und belogen, nur um erst die Kommunalwahl und dann die Landtagswahl zu überstehen.
"Der Steuerzahler wird bluten müssen"
Maget: „Wäre der ganze Schaden den Bürgern vor der Wahl bekannt gewesen, wäre die CSU jetzt nicht mehr an der Regierung.“ Mit betretenen Gesichtern und zusammengefallen in ihren Sesseln ließen die CSU-Abgeordneten die Standpauke über sich ergehen.
Nach den Entschuldigungen muss Seehofer weitere schlechte Nachrichten verkünden. Bisher hatte der Freistaat gehofft, mit einer Bürgschaft von 4,8 Milliarden Euro davonzukommen. Die bittere Wahrheit jetzt: „Wir müssen damit rechnen, dass diese Garantie in Anspruch genommen wird. Wir rechnen derzeit mit Verlusten von 2,5 bis drei Milliarden Mark.“ Er versichert, sein Rettungspaket biete ein „Höchstmaß an Stabilität“. Die letzte Sicherheit könne er aber auch er nicht geben.
Maget warf Seehofer vor, nur „Beruhigungstabletten“ für die Bürger auszugeben mit der Aufschrift: „Alles wird gut.“ Maget: „Es wird nichts gut werden. Seehofers Konzept ist nicht durchdacht und wird dem Bürger Milliarden kosten. Der Steuerzahler wird bluten müssen.“ Bernhard Pohl (Freie Wähler) wird noch drastischer: „Die CSU hat den Ruf Bayerns am Roulette-Tisch verspielt.
Angela Böhm