»Ich drücke die Daumen«

14 Jahre war er Ministerpräsident, acht Jahre CSU-Chef. Seit September ist Edmund Stoiber Ehrenvorsitzender. Mit der AZ sprach er über seine Nachfolger, Passau und den neuen Kurs der CSU.
von  Abendzeitung

14 Jahre war er Ministerpräsident, acht Jahre CSU-Chef. Seit September ist Edmund Stoiber Ehrenvorsitzender. Mit der AZ sprach er über seine Nachfolger, Passau und den neuen Kurs der CSU.

Ein spannender Aschermittwoch – mitten in einer Phase, wo eine verunsicherte Union ihren Kurs neu justiert. Und der erste seit Stoibers Abschied von der Macht. Die Abendzeitung sprach mit dem Ehrenvorsitzenden der CSU.

AZ: Herr Stoiber, Ihre Nachfolger Erwin Huber und Günther Beckstein wollen einen Lagerwahlkampf mit dem Slogan „Freiheit statt Sozialismus“. Zieht das noch?

STOIBER: Da interpretieren Sie aber meine Nachfolger zu eng. Wichtiger als Slogans sind die Inhalte. Volksparteien müssen die ganze Bandbreite der Wünsche und Sorgen unserer Bevölkerung aufnehmen. Kommt der Aufschwung bei allen an? Was ist zu tun, damit die Menschen die Sicherheit haben, dass es in unserem Land gerecht zugeht?

Müsste die Hessenwahl nicht ein Warnsignal sein, dass Polarisierung zur Zeit nicht ankommt?

In der Thematik kann man sich ja hart auseinandersetzen. Aber der Wähler darf nicht das Gefühl haben, es ist nur wegen des Wahlkampfes und es geht nicht um die Sache, sondern um die persönliche Macht.

Schon bei der 2005 Bundestagswahl ergaben Analysen, dass die CSU die Wirtschaftspolitik zu sehr betont und das Soziale vernachlässigt hat.

Ich muss selbstkritisch sagen, der Slogan: „Sozial ist, was Arbeit schafft“, war zwar richtig. Aber er drückte natürlich nicht die gesamte soziale Gerechtigkeit aus. Wir haben möglicherweise den Eindruck erweckt, wir würden die Sozialpolitik alleine auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit reduzieren.

In der Union wird diskutiert, wo der Weg hingehen soll. Manche fordern einen wirtschaftsliberaleren Kurs. Ist das der bessere Weg?

Als Volkspartei dürfen wir niemals einen Ein-Thema- Wahlkampf machen. Die Wirtschaftskompetenz ist wichtig. Aber das Spektrum der CSU darf nicht nur auf ein Thema verkürzt werden. Das macht die FDP. Die will keine Volkspartei sein. Wir aber wollen alle Schichten erreichen.

Sind soziale Gerechtigkeit, Kinder- und Altersarmut, oder dass jemand, der arbeitet, auch seinen Lebensunterhalt davon bestreiten kann, wirklich linke Themen?

Natürlich nicht. Das sind doch die Themen der CSU. Es gilt ja nicht: wir sind gegen Mindestlohn, die anderen sind dafür. Sondern es geht nur um den richtigen Weg. Wir sind gegen Lohnfestsetzung durch den Staat und für die Tarifparteien.

Ist der Mindestlohn nicht der Schwachpunkt der Union?

Nein. Wir sind uns doch alle einig, dass der Lohn natürlich zum Leben reichen muss.

Die Linke ist vor allem eine Protestpartei. Was haben die großen Volksparteien falsch gemacht, dass sie jetzt solche Erfolge feiern kann?

Es ist die Verantwortung der SPD. Sie hat es nicht geschafft, die Linken aus den Landtagen herauszuhalten. Obwohl die Wähler wissen, dass das, was die Linkspartei verspricht, überhaupt nicht realisiert werden kann. Auch mit der Abkehr von der Agenda konnte SPD-Chef Kurt Beck die Linke nicht überflüssig machen.

Ist das nicht billig, der SPD die Schuld zu geben?

Der Union ist es bisher gelungen, dass sich rechts von ihr keine demokratisch legitimierte Partei breitmachen konnte.

Welchen Fehler darf die CSU jetzt nicht machen?

Die CSU wird keine Fehler machen. Es läuft alles ordentlich. Ich bin hoffnungsvoll für eine gute Kommunal- und Landtagswahl.

Ist die CSU seit Ihrem Rücktritt provinzieller geworden?

Wieso? Das Gewicht der CSU bemisst sich allein nach ihren Wahlergebnissen. Unsere 50 Prozent plus X sind die Grundlage unseres Gewichts.

Wie würde Ihr Wahlkampf- Motto lauten?

Oh, dafür bin ich jetzt nicht mehr zuständig. Meine Nachfolger sind so erfahren, die wissen jetzt selbst, was in den Mittelpunkt gerückt werden muss.

Welches Gefühl werden Sie haben, wenn Sie heute in Passau zuhören müssen?

Ein angenehmes. Ich drücke meinen Nachfolgern die Daumen, dass wir eine tolle Veranstaltung hinbekommen. Mit meiner Anwesenheit will ich auch meine Solidarität mit der CSU bekunden.

Was sagen Sie bei Ihrer Veranstaltung in Geretsried?

Dass die CSU die starke politische Kraft für Bayern und Deutschland ist.

Und das ohne Stoiber?

Mit Stoiber als Mitglied, aber ohne Stoiber in Führungsverantwortung. Meine Firma ist die CSU. Wer auch immer die Spitzenverantwortung trägt, die CSU muss vorne stehen. Und da müssen alle ihren Beitrag leisten. Ich halt jetzt als Ehrenvorsitzender.

Interview: Angela Böhm

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