Hypo Real ist doch noch nicht gerettet
Eigentlich schien es, als sei die Existenz des Immobilienfinanzierers dank einer gemeinsamen Aktion von Staat und Banken gesichert. Dann zeigte eine Prüfung: Die Hypo Real braucht viel mehr Geld als angenommen. Der Rettungsplan platzte.
Das 35 Milliarden Euro schwere Rettungspaket für den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate ist gescheitert. Das angeschlagene Dax-Unternehmen kämpft nun ums Überleben. Die Zeit drängt: Eine Lösung müsste bis Eröffnung der Aktienmärkte am Montag gefunden werden. Am Sonntag seien neue Gespräche für eine Rettung geplant, berichtete das ZDF in der Nacht aus Berlin. «Wir kämpfen darum, das Unternehmen zu erhalten», sagte HRE-Sprecher Hans Obermeier am Samstagabend in München.
Die Hypo Real Estate hatte kurz zuvor das Scheitern des vor einer Woche von Bundesregierung und Banken geschnürten Rettungspakets bekanntgeben müssen. Die Finanzbranche habe ihre Zusage für einen kurzfristigen Kredit von 15 Milliarden Euro zurückgezogen. Nach dem Scheitern beteiligt sich die Bundesregierung weiter an der Suche nach einer Lösung. «Natürlich ist die Regierung involviert. Man redet miteinander», sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Torsten Albig, am Sonntag auf Anfrage. Zu Einzelheiten wollte er sich nicht äußern. «Wir müssen sehen, wie wir die Scherben, die die uns vor die Tür gekippt haben, wieder zusammenkehren.»
Die «Welt am Sonntag» hatte zuvor unter Berufung auf Bankenkreise berichtet, die Deutsche Bank habe bei einer Prüfung festgestellt, dass die HRE deutlich mehr Geld brauche als bisher bekannt. Laut Deutscher Bank fehlten dem Vernehmen nach bis Jahresende bis zu 50 Milliarden Euro und bis Ende 2009 sogar 70 bis 100 Milliarden Euro, hieß es. Der HRE-Sprecher nahm zu dem Bericht keine Stellung. Das Bundesfinanzministerium, das maßgeblich an dem Rettungspaket beteiligt war, war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Irland könnte helfen
Zum weiteren Vorgehen teilte die Hypo Real Estate mit, man prüfe die drohenden Konsequenzen für die Einheiten des Konzerns. Es werde nach alternativen Maßnahmen gesucht. Die irische Regierung habe signalisiert, dass sie Maßnahmen zur Stützung der in Irland angesiedelten Tochter Depfa prüfe, die die HRE in den Strudel der Finanzkrise gerissen hatte, sagte der Sprecher. Die großen Aktionäre hätten deutlich gemacht, dass sie das Unternehmen unterstützen wollten, sagte der HRE-Sprecher. Ein Großaktionär ist der US-Finanzinvestor J.C. Flowers. Er war im Frühjahr - zu drastisch höheren Aktienkursen - eingestiegen und hielt zuletzt einen Anteil von gut 24 Prozent. «Wir können nur hoffen, dass sich alle Beteiligten der Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit der Lage bewusst sind», sagte der Konzernsprecher. Eine Rettung ohne Beteiligung der Banken wäre nicht möglich. Als Staatsfinanzierer verfüge die HRE über Vermögenswerte erstklassiger Qualität. Auch in der Immobilienfinanzierung hätten die Aktiva ein gutes Risikoprofil.
HRE galt eigentlich als gesichert
Mit dem vor einer Woche geschnürten Rettungspaket sollte die Hypo Real Estate kurzfristig einen Kredit von 15 Milliarden von der Finanzbranche erhalten und weitere 20 Milliarden von der Bundesbank, die bis in die zweite Jahreshälfte 2009 hinein reichen sollten. Diese Kredite sollten mit Bürgschaften abgesichert werden, von denen der Bund mit rund 26,5 Milliarden den Großteil tragen sollte. Die Finanzbranche hatte sich erst in der Nacht zum Freitag nach zähem Ringen auf die Lastenverteilung bei ihrem Teil der Bürgschaften von insgesamt 8,5 Milliarden Euro geeinigt. Damit galt die Rettung der HRE eigentlich als gesichert. Der HRE-Sprecher hatte allerdings noch am Samstag eingeräumt, dass es noch keine unterzeichneten Verträge zu den Kreditlinien gab.
«Ernst der Lage erkennen»
«Die Banken zögern und überdenken das Paket insgesamt noch einmal», hatte die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» kurz vor der HRE-Mitteilung Finanzkreise zitiert. Die Finanzbranche sehe keinen weiteren Spielraum für eine größere Unterstützung der HRE, hieß es in der «Welt am Sonntag» zu den Informationen über einen höheren Liquiditätsbedarf. «Es ist allerhöchste Zeit, dass die Bundesregierung den Ernst der Lage erkennt», wurde ein Bankmanager zitiert. Branchenbeobachter hatten nicht ausgeschlossen, dass die Finanzindustrie Druck auf den Bund ausüben wollte, damit er sich noch stärker bei der Rettung der Hypo Real Estate engagiert. Nach Informationen aus dem Umfeld der Verhandlungen strebte die Branche anfänglich eine Verstaatlichung der HRE an.
Depfa als Auslöser
Die Hypo Real Estate war wegen Liquiditätsproblemen ihrer Staatsfinanzierungstochter Depfa in Schwierigkeiten geraten. Diese hatte systematisch ihre langfristigen Ausleihungen mit kurzfristigen Mitteln vom Geldmarkt refinanziert. Durch die Kreditkrise trocknete der Markt aber aus, so dass die Depfa plötzlich eine riesige Liquiditätslücke hatte. (dpa/dpa-AFX)
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