Hypo Real Estate: Der Staat greift zur Enteignung

Was früher undenkbar schien, ist jetzt Gesetz: Der Bund setzt einfach Aktionäre vor die Tür.
von  Abendzeitung
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BERLIN - Was früher undenkbar schien, ist jetzt Gesetz: Der Bund setzt einfach Aktionäre vor die Tür.

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik steht nun eine Bank vor der Enteignung. Die Große Koalition beschloss am Freitag im Bundestag das auf die angeschlagene Hypo Real Estate gemünzte „Rettungsübernahmegesetz“ – es soll nun eine Verstaatlichung der maroden Immobilienbank ermöglichen. Die AZ klärt die wichtigsten Fragen.

Warum will der Staat unbedingt die Bank besitzen? Er sieht darin die einzige Rettungschance. Nur wenn der Bund bei dem Unternehmen frei schalten und walten kann, bestehe die Chance, das Unternehmen wieder fit zu machen. Dazu müssten drastische Entscheidungen wie die Stilllegung ganzer Betriebsteile und Abspaltung von Unternehmensbereichen durchführbar sein, argumentiert Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). Außerdem bestehe nur so die Möglichkeit, an günstige weitere Kredite auf dem Kapitalmarkt zu kommen.

Warum lässt der Staat die Bank nicht einfach Pleite gehen? Bundesbank-Präsident Axel Weber stellt bereits die Frage, ob die HRE überhaupt noch einen Unternehmenswert besitzt. Dennoch ist sie wichtig: Sie ist ungefähr so groß wie die US-Pleitebank Lehmann Brothers – ein Zusammenbruch könnte wie damals andere Institute mit in den Abgrund reißen und das Pfandbrief-System destabilisieren.

Ist damit die Enteignung der restlichen Bankaktionäre beschlossen? Nein, sie ist nur das letzte Mittel, wenn alle Verhandlungswege ausgeschöpft sind. Zuvor muss eine Hauptversammlung stattfinden. Derzeit streitet der Bund vor allem mit US-Großaktionär J.C. Flowers, der nicht aussteigen will.

Warum hat es Berlin so eilig? Der Bundestag beschloss das Gesetz im Eiltempo, weil der HRE schon wieder das Geld ausgeht. Zwar hat sie bereits 100 Milliarden überwiegend staatlicher Garantien. Doch sie braucht weitere 10 – sonst droht ihr die Schließung.

mue

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