Hubers Slogan »verstaubter Schmarrn«

"Zukunft statt Sozialismus"? - In der CSU wächst der Widerstand gegen den geplanten Lagerwahlkampf und die Strategie Erwin Hubers. Horst Seehofer attackiert wie noch nie - aber nicht nur er.
von  Abendzeitung
Der „Zirkusdirektor Löwe & Raute“ – Erwin Huber mit Ehefrau Helma beim Fasching in Veitshöchheim – hat seine Truppe nicht ganz im Griff.
Der „Zirkusdirektor Löwe & Raute“ – Erwin Huber mit Ehefrau Helma beim Fasching in Veitshöchheim – hat seine Truppe nicht ganz im Griff. © az

"Zukunft statt Sozialismus"? - In der CSU wächst der Widerstand gegen den geplanten Lagerwahlkampf und die Strategie Erwin Hubers. Horst Seehofer attackiert wie noch nie - aber nicht nur er.

MÜNCHEN/PASSAU Erstmals seit 14 Jahren wird beim Aschermittwochs-Spektakel der CSU in Passau wieder im Duo gepoltert. Parteichef Erwin Huber darf als Hauptredner den Anfang machen, gefolgt von Ministerpräsident Günther Beckstein. Für das Tandem aber wird dieser Aschermittwoch mehr als eine Bewährungsprobe: Sie müssen einen Tanz auf dem Drahtseil absolvieren. Denn während sich die bierselige Menge am liebsten mit derben Sprüchen gegen Linke und Ausländer in Stimmung bringen lässt, kippt die Stimmung in der CSU gegen Huber und seine Wahlkampfstrategie mit dem Slogan „Zukunft statt Sozialismus“.

Der größte Gegner sitzt im Publikum

Hubers größter interner Gegner Horst Seehofer wird im Publikum sitzen und darauf warten, dass der CSU-Chef einen Fehler macht. In der SZ attackierte er Huber wie nie zuvor. Er warnte vor einer Polarisierung. Er forderte, dass die CSU-Strategie mehr Sozialpolitik sein müsse. Das Kombi-Modell der Union, das er selbst mitverhandelt hat, lehnt er nun ab und will auch einen Mindestlohn.

Damit steht Seehofer nicht mehr allein. Sogar Hubers Weggefährten wie Landtagspräsident Alois Glück und Ex-CSU-Chef Theo Waigel, dessen Generalsekretär Huber einst war, warnen vor einem Lagerwahlkampf. Waigel zur AZ: „Ich selbst habe auch einmal den Slogan ,Freiheit statt Sozialismus’ wieder ausgegraben. Und das war ein Fehler. Ich würde deshalb jedem abraten. Es gibt verstaubte Dinge, die heute ein Schmarrn sind. Die bringen nichts mehr. Das Thema soziale Gerechtigkeit ist keine linke Frage. Die Leute mögen die Linkspartei nicht, aber sie spricht die Ängste der Menschen an.“

"Die Zeit der politischen Kriege ist vorbei"

Für Glück haben viele aus der CSU noch immer nicht ihre Lehre aus der Wahl 2005 und der aktuellen Wahl in Hessen gezogen: „Nur gegen etwas zu sein, das stößt die Bürger ab. Die Zeit der politischen Kriege ist vorbei“, sagt er zur AZ. „Die Menschen wollen eine Antwort auf ihre Fragen. Stärke der CSU war immer, das Lebensgefühl der Menschen zu erreichen. Und das ist derzeit nicht eine ideologische Polarisierung.“

Die Vizechefin der Landtagsfraktion und enge Beckstein-Vertraute Christa Matschl will mit den beiden reden: „Hessen muss uns eine Warnung sein. Wir werden nur Erfolg haben, wenn wir Sachthemen aufgreifen und dazu auch eine Antwort geben. Wenn man arbeitet und nicht davon leben kann, ist das kein linkes, sondern ein soziales Thema.“

Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm ist seit Hessen verunsichert. „Lasst uns noch einmal darüber nachdenken“, fordert sie nun in der AZ. „Ich bin mir jetzt nicht mehr sicher, ob Konfrontation zum Erfolg führt.“ Die CSU müsse nun analysieren, ob „die Menschen die grundsätzliche Auseinandersetzung in der Theorie wollen, oder ob sie wollen, dass man ihre Lebenslagen wahrnimmt“.

Söder gegen "Schlafwagenwahlkampf"

Auf Hubers Seite steht noch Europaminister Markus Söder, der als General die letzten Wahlkämpfe der CSU organisiert hat. „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir einen Lagerwahlkampf führen müssen, auch wenn ich da einer der letzten Getreuen bin“, sagte er zur AZ. „Ein Schlafwagenwahlkampf wäre ja wohl auch nicht das Richtige.“

Huber gibt sich cool. Natürlich werde er am Aschermittwoch die „Gefahr durch die Linken und Sozialisten an die Wand malen“. Zu der Debatte meinte er: „Das regt mich gar nicht auf. Ich möchte mobilisieren.“

Angela Böhm

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