Horst Seehofer: Wie lange macht er's noch?

Nach der Wahl werden die Messer gewetzt in der Partei, spätestens nach der Regierungsbildung in Berlin beginnt die Demontage des CSU-Ministerpräsidenten. Senkrechtstarter Guttenberg schweigt sich noch aus zum Thema.
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Nach der Wahl werden die Messer gewetzt in der Partei, spätestens nach der Regierungsbildung in Berlin beginnt die Demontage des CSU-Ministerpräsidenten. Senkrechtstarter Guttenberg schweigt sich noch aus zum Thema.

Schlimmer hätte Bundeskanzlerin Angela Merkel den Wahlverlierer aus Bayern nicht demütigen können: Erst präsentierte sie sich in trauter Zweisamkeit mit FDP-Wahlsieger Guido Westerwelle. Dann beschied sie, es verhandelten nicht drei Parteien: „Wir gehen als Union in die Koalitionsverhandlungen.“ Damit signalisierte sie dem angeschlagenen CSU-Chef Horst Seehofer, dass jetzt sie die Obervorsitzende der Union ist. Und dass der Bayer in Berlin nichts mehr ist. Erst danach empfing sie gestern Seehofer zum Vier-Augen-Gespräch.

Nachdem ihm die Wähler am Sonntag das Fell über die Ohren gezogen haben, ist der bayerische Löwe in der schwarz-gelben Koalition als Bettvorleger gelandet. Auch die FDP will sich an Seehofer rächen. Bei den Koalitionsverhandlungen soll er vor den Liberalen den Kotau machen. Bayerns FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will Seehofers Attacken gegen die Bayern-FDP aufarbeiten. Die Liberale: „Seehofers Angriffe waren nicht mehr akzeptabel. Man kann nicht so tun, als leide man unter Gedächtnisverlust und als sei nichts gewesen. Den Schalter einfach umdrehen, das geht nicht!“

Das ist der schleichende Machtverfall des CSU-Chefs. Seinen Parteifreunden wird es da schon angst und bange. Schon macht sich in München ein Alptraum-Szenario breit: Wie oft wohl werden Angela und Guido den Horst in den Koalitionsverhandlungen abmeiern mit dem Satz: „Was willst du mit deinem Ergebnis!“

Seehofer bäumt sich in Berlin noch auf und sagt: „Wir sind gleichberechtigter Partner. Wir sind drei Parteien, und wir werden in engem Schulterschluss mit der CDU verhandeln.“

In der CSU allerdings wachsen daran die Zweifel. Noch greift niemand Seehofer öffentlich an. Doch die Diskussion, ob er die CSU weiter führen kann, wird nicht mehr zu verhindern sein. Das räumt auch der Fraktionschef im bayerischen Landtag, Georg Schmid, indirekt ein. „Die Personaldebatte, die sich vielleicht viele in diesem Land gewünscht haben, gibt es nicht“, versucht er die Lage zu beruhigen.

Schon laufen die Spekulationen, dass das Stillhalte-Abkommen nur solange durchzusetzen sein wird, bis die Regierung in Berlin steht. Das ist Ende Oktober. Spätestens dann wird die Partei-Basis ihrem Ärger über Horst Seehofer Luft machen. Die Demontage des Alleinherrschers Seehofer wird nicht mehr zu stoppen sein.

Vor allem die Franken werden aufmucken und sich für Günther Beckstein rächen. Sie sind immer noch verbittert, dass die Doppelspitze durch eine multiple Persönlichkeit ersetzt wurde. Schon geht in der CSU der Witz um: „Seehofer sagt: ,Ich bleibe Parteivorsitzender.’ Horst sagt: ,Ich auch.’“

Für die Franken steht fest: Zwei Oberbayern haben die CSU mit ihrem Wankelmut dorthin gebracht, wo sie jetzt ist. Der Wolfratshauser Edmund Stoiber hat der CSU mit seiner Flucht aus Berlin erst den Stolz genommen. Der Ingolstädter Horst Seehofer hat mit seiner Schaumschlägerei auch noch den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verspielt.

Und: Die Franken haben eine echte Alternative zu Seehofer: ihren Superstar Karl-Theodor zu Guttenberg. Auch er wird an den Koalitionsverhandlungen teilnehmen. Doch der 37-jährige Senkrechtstarter schweigt und hält sich völlig bedeckt. Für einen Machtkampf steht er nicht bereit.

Offene Kritik an Seehofer gibt es auch aus Niederbayern: Bezirksvorsitzender Manfred Weber sagte, Guttenberg solle die Koalitionsverhandlungen führen. Ein offener Affront gegen Seehofer.

Für den beginnen mit den Koalitionsverhandlungen entscheidende Wochen. Vielleicht greift er am Ende doch noch auf seine Ravioli-Strategie zurück. Immer wenn er merkte, dass die Sache für ihn nicht mehr gut ausgehen kann, tauchte er mit ein paar Dosen Ravioli ab und sperrte sich in seiner Wohnung in Berlin oder in seinem Haus daheim im Altmühltal ein.

Angela Böhm

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