Horst Seehofer und seine „perfekte“ Merkel

Die Kanzlerin und der CSU-Chef gehen wieder gemeinsam einen Schritt nach vorn. Doch sie haben einen schweren Weg vor sich. Wie sie den bis zur Wahl schaffen wollen, bleibt offen.
von  Kristina Dunz
Wenn die Kanzlerin spricht, hat der CSU-Chef Zeit für Späßchen. Die Bilder-Kombo zeigt Angela Merkel, als sie mit Horst Seehofer die Ergebnisse der Klausur bei einer Pressekonferenz vorstellt.
Wenn die Kanzlerin spricht, hat der CSU-Chef Zeit für Späßchen. Die Bilder-Kombo zeigt Angela Merkel, als sie mit Horst Seehofer die Ergebnisse der Klausur bei einer Pressekonferenz vorstellt. © dpa

Horst Seehofer hat jetzt die perfekte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nicht mehr so überdimensional. Das gefällt dem CSU-Chef. Bei der Klausur der Unionsspitze in Potsdam am Wochenende berichtet er über seine neue Errungenschaft. Seine bisherige Merkel sei größer als es dem Maßstab der Anlage entspreche – das solle so sein, denn schließlich sei sie die Chefin. Es geht um Seehofers schon berühmte Modelleisenbahn.

Aber nun hat ihm ein Bürger eine neue Figur zugeschickt – „eine maßstabsgetreue und perfekte Bundeskanzlerin Angela Merkel“, schwärmt Seehofer. Er versichert: „Die behalte ich auch.“ Die perfekte Merkel. Das wird Bundeskanzlerin Angela Merkel für den bayerischen Ministerpräsidenten im wirklichen Leben wohl nie mehr werden. Die CDU-Vorsitzende wirkt an diesem heißen Samstag am Templiner See in Brandenburg ernst und distanziert. Sie scherzt nicht, sie lacht nicht. Vermutlich hat das vor allem mit dem Austritt der Briten aus der Europäischen Union zu tun. Der Brexit erhöht noch einmal den Druck auf sie. Es richten sich wieder alle Augen auf Bundeskanzlerin Angela Merkel, die für Stabilität und eine Weiterentwicklung der EU zu einer besseren Union sorgen soll.

„Wir sind jetzt in der Gruppenphase – und dann sehen wir weiter“

Sollte sie je vorgehabt haben, bei der Bundestagswahl 2017 nicht wieder anzutreten – jetzt wäre ein Verzicht noch schwieriger. Müsste Seehofer nicht betonen, dass Merkel weitermachen muss, um Deutschland und die EU zu stabilisieren? Er sagt nur dies: „Wir befinden uns über ein Jahr vor der Bundestagswahl.“ Deshalb könne er das nicht beantworten. Er nimmt Anleihen beim Fußball: „Eine Europameisterschaft beginnt nicht mit dem Finale. Wir sind jetzt in der Gruppenphase und dann sehen wir weiter.“ Seehofers Bemerkung wird in der Union unterschiedlich gewertet. Die einen sagen, er habe nach dem ganzen Ärger jetzt nicht mit fliegenden Fahnen zu Merkel zurücklaufen können. Andere sprechen von Distanz, vor allem weil es – um in der Fußballsprache zu bleiben – irgendwann zur K.o.-Runde kommt.

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Aus dem CSU-Führungszirkel verlautet: Alles andere als eine Kandidatur Merkels wäre eine Katastrophe. Es gebe niemanden, der auch nur annähernd das Format für eine Kanzlerschaft hätte wie sie. „Wir müssen uns in der Alternativlosigkeit zusammenraufen“, sagt einer, der Merkel und Seehofer für das ideale Paar an der Spitze der Schwesterparteien hält: Merkel als die besonnene Staatsfrau mit hoher internationaler Anerkennung und Seehofer als der Querdenker, der den Finger in die Wunde legt und viele Wähler bei der Stange hält.

Dafür müsse er so bleiben wie er ist: unberechenbar. Die CDU profitiere davon. In dem Moment, da Seehofer seine Querschüsse einstellte, wäre er bundespolitisch uninteressant. Merkel sagt, die Unionsklausur zu den künftigen sechs Leitthemen Europa, Migration, Terrorbekämpfung, Digitalisierung, Umwelt und Zusammenhalt der Gesellschaft sei ernsthaft, konstruktiv und wirklich interessant gewesen. Ihre Begeisterung scheint sich dafür trotzdem in Grenzen zu halten. Sie hat viele andere Sorgen.

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Über den Flüchtlingszoff reden Seehofer und Merkel kein Wort

Dem Vernehmen nach haben sich die 24 Spitzenpolitiker in Potsdam erst einmal misstrauisch beäugt. Dann sei aber schnell klar geworden, dass das Fundament noch stehe. Nun sei ein erster Schritt nach vorn gemacht worden. Seehofer tut kund: „Ich bin rundum zufrieden. Wir haben jetzt eine gute Basis.“ Er und Merkel wüssten, dass sie eine ganze Menge zu bewegen hätten. „Keinen Satz“ habe es zum Flüchtlingsstreit gegeben. Und: Er ärgert sich, dass es heiße, seine Kritik perle an Merkel ab. „Die Politik hat sich verändert“, betont er. Es kämen weniger Flüchtlinge und es bestehe nicht mehr der Eindruck, dass Deutschland alle haben wolle. Noch einmal: „Die Politik hat sich verändert. Das ist das Entscheidende.“

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