Horst Seehofer: Europa-Chamäleon
München - Für eine Überraschung ist Horst Seehofer immer gut. Er besitzt die Fähigkeit eines Chamäleons, das, wie Wissenschaftler inzwischen herausgefunden haben, seine Farbe nicht zur Tarnung, sondern zur Kommunikation wechselt. So hat sich der CSU-Chef auf seinem kleinen Parteitag zur Europawahl vom Anti-Europäer zum Pro-Europäer verwandelt.
Kein kritisches Wort zum Euro, zu Griechenland, zu den Rumänen und Bulgaren. Plötzlich ist Europa zum Wohlfühlen. Er preist die europäische Union als die „große Freiheitsidee“, die bis zum heutigen Tag für die Menschen nichts an Faszination verloren habe. Er zelebriert die CSU als die Partei, die von ganzem Herzen zu Europa stehe.
Damit passte er sich der Stimmung seiner Delegierten an. Die wählten den Pro-Europäer Markus Ferber demonstrativ mit rekordverdächtigen 98,3 Prozent zum Spitzenkandidaten. Eine klare Absage an Europa-Kritiker Peter Gauweiler, der an der Seite von Ferber Europa-Gegner einfangen soll, die sonst zur AfD überlaufen.
Die Rechtsaußen-Partei aber schreckt Seehofer nun nicht mehr. Nach seiner Kampagne „Wer betrügt, der fliegt“ ergab eine Umfrage, dass 50 Prozent der Bayern bei der EU-Wahl ihr Kreuz der CSU geben wollen und nur drei Prozent der AfD. Da kann er nun entspannt über Europa säuseln. Bis zum Aschermittwoch in Passau. Das Publikum dort erwartet scharfe Attacken gegen Europa. Seehofer wird es nicht enttäuschen und sich wieder verwandeln.