Hohe Steuereinnahmen: Bei Sparfuchs Schäuble klingelt’s

Bund, Länder und Kommunen können auf weit mehr Steuereinnahmen hoffen als bisher geplant. Der Milliarden-Segen befeuert im Wahlkampf auch die Debatte über Steuersenkungen.
Tobias Wolf |
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Mehr Geld für den Staat.
dpa Mehr Geld für den Staat.

Das ist ein sattes Plus! Der Staat kassiert in den kommenden Jahren weit mehr Steuern als bisher erwartet. Bund, Länder und Kommunen können bis zum Jahr 2021 mit 54,1 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen rechnen als noch im November vorhergesagt. Das gaben die Steuerschätzer gestern bekannt. Gute Konjunktur, Rekordbeschäftigung sowie höhere Löhne und Firmengewinne führten zu dem neuen Milliarden-Segen.

In Wahlkampf-Zeiten sind Forderungen nach Steuersenkungen freilich nicht weit. Ein Überblick, was die einzelnen Parteien mit dem Geld anfangen wollen und warum Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht so recht mitspielen will:

Sparfuchs Schäuble: Trotz der üppigen Rekordeinnahmen sieht der Kassenwart keinen größeren Spielraum für Steuersenkungen über das bisher angekündigte Volumen von jährlich 15 Milliarden Euro pro Jahr hinaus.

Der CDU-Politiker verweist auf zahlreiche Belastungen, die in der Steuerschätzung noch nicht enthalten seien. Dazu gehört die schrittweise Abschaffung des "Soli"-Zuschlags ab dem Jahr 2020. Der Bund muss laut Schäuble aber nicht nur diese Einnahmeausfälle verkraften. Er muss ab 2020 auch höhere Zahlungen an die Länder von jährlich zehn Milliarden Euro im Zuge der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen schultern.

Er lege auch kein Steuerprogramm für die nächste Wahlperiode vor, sagt Schäuble mit Blick auf Forderungen aus der Union. Eine maßvolle Entlastung für untere und mittlere Einkommen sei aber möglich und angesagt.

Es gehe um Berechenbarkeit und Verlässlichkeit und nicht um eine Politik nach dem Zufallsprinzip oder Landtagswahl-Ergebnissen: "Nun kann in der nächsten Legislatur die Steuersenkung folgen." Darüber werde bei und nach der Bundestagswahl entschieden, betont er.

Der Konter der Kollegen: In den Reihen der Union sind bei Weitem nicht alle mit Schäubles Sparkurs einverstanden. Unions-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann hält dagegen: "Meiner Meinung nach wird es einen weit größeren Spielraum geben als die bislang in Rede stehenden 15 Milliarden Euro." Die CDU habe beschlossen, dass ein Drittel der Steuermehreinnahmen für Steuersenkungen genutzt werden sollen. "Angesichts der Mehreinnahmen sind 30 bis 40 Milliarden Euro jährliche Entlastung bis Ende des Jahrzehnts erreichbar."

Auch in der Schwesterpartei CSU will man die arbeitenden Bürger deutlich stärker entlasten als der Bundesfinanzminister. Der Chef des CSU-Wirtschaftsflügels, Hans Michelbach, erklärt: "Wir sind uns einig: Wenn wir Arbeitsplätze und Wohlstand erhalten wollen, müssen wir Bürger und Betriebe entlasten. Dazu gehören Steuersenkungen für mittlere Einkommen, das Aus für den Soli und ein echter Bürokratieabbau."

DIE FDP zieht mit: Auch die Liberalen setzen ganz klar auf Steuersenkungen. Der bayerische Landesvize Karsten Klein fordert: "Der deutsche Staat eilt von Einnahmerekord zu Einnahmerekord. Es ist höchste Zeit für eine Entlastung der Steuerzahler. Die Bürger müssen wieder einen fairen Anteil an den Wachstums- und Wohlstandsgewinnen haben."

Und der BDST auch: "Wann, wenn nicht jetzt, muss die Last der Steuerzahler sinken?", fragt sich auch Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdST). Er hat errechnen lassen, wie viel mehr Geld den Bürgern durch die Soli-Abschaffung im Portemonnaie bleiben würde.

Die SPD will investieren: Anders als Union und FDP setzen die Sozialdemokraten auf Investitionen statt Entlastungen. Bei einem Wahlsieg der SPD hätten diese "absolut Vorrang", sagt SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Der Chef-Genosse zeigt sich beim Thema Steuersenkungen zurückhaltend: "Das, was wir jetzt an Überschüssen erzielen, sind einmalige Überschüsse. Jetzt hinzugehen und sie dauerhaft zu verteilen, da muss man prüfen, wie weit ist das möglich", sagt er bei einem Wahlkampfauftritt in Bonn. Es gebe einen riesigen Investitionsstau bei den Kommunen. Es müsse dringend mehr Geld für Bildung, Straßenbau und Digitalisierung ausgegeben werden.

Selbiges fordert SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. Der AZ sagt sie: "Wir brauchen mehr Investitionen in Schulen, Kitas, Straßen und schnelles Internet. Damit unterstützen wir die Menschen am Besten." Vor diesen wichtigen Themen würden sich CDU und CSU "wegducken", kritisiert die SPD-Frau.

"Mit Steuerentlastungen nach dem Gießkannen-Prinzip ist niemandem geholfen. Am Ende profitieren dann wieder nur diejenigen, die die Entlastungen am wenigsten brauchen", erklärt Barley.
Auch Linke und Grüne forderten Investitionen.

Bei Abschaffung des Soli: So viel mehr würde bleiben:

Der Bund der Steuerzahler hat errechnet, wie hoch die Entlastung durch die Abschaffung des Soli für einen Single ohne Kinder wäre:

Monatsbruttolohn              Jahres-Lohnsteuer Entlastung
1700 € (Geringverdiener) 1511 € 83 €
3000 € (Durchschnittsverdiener)  5.174 € 285 €
5400 € (Spitzensteuersatz-Zahler)  14 .464 € 796 €


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