Hohe Korruptions-Gefahr in der EU
Eine neue Studie bemängelt, dass die Anti-Korruptions- und Transparenz-Regeln in den EU-Institutionen nur mangelhaft eingehalten werden.
Brüssel - Als Kroatien Mitglied der Europäischen Union werden wollte, gab es zunächst viele Bedenken – unter anderem auch wegen der grassierenden Korruption. Erst als die kroatische Anti-Korruptionsbehörde immer mehr Bestechungs-Skandale aufdecken konnte und hochrangige Politiker wie der Ex-Premier Ivo Sanader vor Gericht gestellt wurden, empfahl die Europäische Kommission den Beitritt. Im Juli 2013 wurde Kroatien Mitgliedsland.
Doch mit der Korruptionsbekämpfung im eigenen Laden hinkt die EU offenbar hinterher. Das ist zumindest das Ergebnis einer Studie der Organisation Transparency International, die gestern vorgestellt wurde. Das sind die zentralen Ergebnisse.
Welche EU-Einrichtungen wurden untersucht?
Insgesamt zehn Institutionen, unter anderem: Das Parlament, die Kommission, der Europäische Rat, der Europäische Gerichtshof, der Europäische Rechnungshof und die Polizeibehörde Europol. Untersucht wurden die Behörden auf Unabhängigkeit, Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität.
Was kam raus?
An den Regeln hapert es nicht – davon gibt es genug. Sie sind allerdings für EU-Mitarbeiter teilweise so schwer zu durchschauen, dass sie nicht richtig befolgt werden. Und: Es mangele am politischen Willen, sie auch durchzusetzen. Zu lax seien die Vorschriften für einen Wechsel von Kommissaren auf Wirtschaftsjobs. Und Nebeneinkünfte der EU-Abgeordneten werden nicht überprüft.
Wie ist es in Deutschland?
Nicht unbedingt besser, sagen die Autoren der Studie: Im EU-Parlament müssen zum Beispiel Protokolle der Ausschusssitzungen mit dem Abstimmungsverhalten der Abgeordneten veröffentlicht werden, anders als in Deutschland. Auch die Veröffentlichung von Dokumenten im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens sei umfassender als in Deutschland.
Wo liegt das Hauptproblem?
"Die Schranken reichen vor allem nicht aus gegenüber einem ausufernden Lobbyismus“, sagt Transparency-Chefin Edda Müller. Die Verantwortlichen in EU-Einrichtungen sind nicht verpflichtet, Kontakte zu Lobbyisten während des Gesetzgebungsprozesses offenzulegen. Außerdem fehle ein verpflichtendes Register mit allen Lobbyisten, die auf EU-Ebene tätig sind. Immerhin: Es gibt auf EU-Ebene wenigstens eins, wenn es auch unverbindlich und unvollständig ist. Auf Bundesebene gibt es gar kein Lobby-Register.
Was soll sich ändern?
Transparency fordert ein Whistleblower-System, das es Hinweisgebern aus den EU-Institutionen erleichtert, anonym auf Fehlentwicklungen hinzuweisen. Außerdem verlangt Transparency die Gründung einer europäischen Staatsanwaltschaft für grenzüberschreitende Verbrechen, die Überwachung von Parteispenden auf EU-Ebene und ein verpflichtendes Lobby-Register.