Historiker: „Schmidt war kein Nazi“
Dennoch habe der Altkanzler mehr gewusst und gesehen, wie er zugeben wollte, erklärt der Experte.
München - Die Nazi-Vorwürfe gegenüber Helmut Schmidt (95) schlagen derzeit hohe Wellen. Ein neues Buch der Autorin Sabine Pamperrien, das sich auf die Wehrmachtsakte des späteren Kanzlers bezieht, hat die Debatte angeheizt (AZ berichtete). Pamperrien behauptet darin, der Altkanzler sei zeitweise von „Nazi-Ideologien kontaminiert“ gewesen.
Doch wie viel Wahrheit steckt tatsächlich hinter den jetzt entdeckten Passagen? Historiker Michael Wolffsohn übt Zweifel: „Altkanzler Helmut Schmidt ergeht es wie so oft und so vielen: Die Vergangenheit erreicht die Gegenwart, sie reicht in die Gegenwart – wenn sie nicht wirklich aufgearbeitet wurde.“
Denn ähnliche Formulierungen würden sich vielfach in den Personalunterlagen der Wehrmacht finden. Und der Historiker fährt fort: „Nur weil jemand mit 14, 15 Jahren in der Hitlerjugend war, war er noch lange kein Nazi.“ Pamperriens Buch beweise aber dennoch, dass Helmut Schmidt seine Jahre in der NS-Zeit bislang „verniedlicht“ habe. „Ganz klar ist aber auch: Helmut Schmidt war in der NS-Zeit kein Mörder und kein Schreibtischtäter. Aber er muss mehr gewusst und gesehen haben als er bislang uns allen und vielleicht auch sich selbst einreden wolle“, sagte Wolffsohn dem „Focus“.
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