Hinderliche Reflexe
Es gibt Ereignisse, die können, die dürfen die Menschen ratlos zurücklassen. Verbrechen wie das von Oslo sprengen derart die Vorstellungskraft, dass vorübergehendes Verstummen keine Schande ist. Das gilt auch für Politiker.
Leider sehen das nicht alle so, und leider ist es wenig überraschend, wie reflexartig und unüberlegt der Ruf nach „politischen Konsequenzen“ kommt. Hans-Peter Uhl und seine CSU-Parteifreundin, Justizministerin Beate Merk, nehmen den Alptraum von Oslo blitzschnell zum Anlass, die Vorratsdatenspeicherung zu fordern.
Wer glaubt, die Sicherheitsbehörden könnten mit den Daten sämtlicher Wirrköpfe einen Mann wie Anders Behring Breivik dingfest machen, der ist noch nie in die Tiefen des Internets vorgedrungen. Der hat noch nie die Debatten über an sich harmlose Online-Artikel gelesen. Was sich da an Hass und Verachtung ergießt – anonym versteht sich – das raubt einem den Atem. Und allein die Vorstellung, man könne alle Sportschützen überwachen, die „World of Warcraft“ spielen, ist lachhaft.
Tatsächlich wissen die Fahnder sehr genau, wo sie hinsehen müssen: Keiner hindert sie, die ausländerfeindlichen Pamphlete der rechten Szene zu sammeln. Deren Hauptdarsteller werden immer dreister. Ihre Thesen von Überfremdung, ihr Hass auf Multikulti wird von populistischen Parteien salonfähig gemacht. Sie schüren ein Klima der Gewalt. Übrigens nicht nur in Skandinavien.