Heubisch: "Bei der FDP geht's immer rauf und runter"

Wolfgang Heubisch (FDP), früher Zahnarzt, heute Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Ein Interview über seine Partei, ihren Chef, Studiengebühren und den neuen Konzertsaal.  
von  bö/RBR/cig
"Ich fang’ doch nicht wegen Herrn Ude das Zittern an": Wolfgang Heubisch beim Gespräch in der AZ-Redaktion.
"Ich fang’ doch nicht wegen Herrn Ude das Zittern an": Wolfgang Heubisch beim Gespräch in der AZ-Redaktion. © Petra Schramek

Wolfgang Heubisch (FDP), früher Zahnarzt, heute Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Ein Interview über seine Partei, ihren Chef, Studiengebühren und den neuen Konzertsaal.

München - Noch ein Jahr, dann geht’s ums Ganze für die Bayern- FDP. Ihr Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch war zu Gast in der AZ.

AZ: Herr Heubisch, in Bayern muss Ihre FDP ums Überleben kämpfen. Nützt es da, wenn Ihre Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zur Schutzheiligen der Steuersünder wird und den Ankauf von CDs unter Strafe stellen will?

HEUBISCH: Wenn ich das Gefühl aus dem Volk nachempfinde, habe ich dafür Verständnis, dass man die CDs ankauft. Man darf aber nicht ausblenden, dass hier Geschäfte mit Kriminellen gemacht werden.

Auch in der Bundes-FDP läuft's nicht rund. Sie und Ihre liberalen Parteifreunde im Landtag halten nicht viel von Philipp Rösler. Mit wem an der Spitze hätte die FDP 2013 größere Chancen?

Die Entscheidung fällt nach der Landtagswahl in Niedersachsen. Das ist Röslers Heimat. Je nach Ergebnis wird's dann eine Bestätigung geben.

Oder keine?

Aus meiner Sicht gibt's zwei geborene Kandidaten. Bei der SPD ist das doch auch so. Gabriel ist der Parteivorsitzende. Und mein Tipp ist, dass Steinmeier, der Fraktionsvorsitzende, Spitzenkandidat wird.

Das heißt: Rainer Brüderle wird der Kanzlerkandidat?

Alles, was ich sage, ist: Nach der Niedersachsenwahl gibt’s eine Bestandsaufnahme.

Oder doch lieber Lindner?

Nein, den sicher nicht. Der wird in NRW gebraucht.

Sie werden Landtags-Spitzenkandidat der FDP in München sein. Ist das nicht aussichtslos in der Hochburg von Bürger-King Christian Ude, der Seehofer herausfordert?

Ich fang’ doch wegen Herrn Ude nicht das Zittern an. Der OB dümpelt in den Umfragen vor sich hin. Hier ist die Luft raus. Mehr als 20 Prozent halte ich nicht für realistisch.

Und Ihre FDP fliegt aus dem Landtag raus. Das sagen auch alle Umfragen. Arbeiten Sie dann wieder als Zahnarzt?

Ich bin da gelassen. Warten wir mal ab. Als ich mich entschieden habe, zur Landtagswahl 2008 für die FDP zu kandidieren, lag sie in dem Umfragen bei 1,8 Prozent. Und was ist rausgekommen? Als erstes sind wir in den Landtag eingezogen, als zweites waren wir Koalitionspartner, als drittes wurde ich Minister. Warum sollen wir das nicht wiederholen? Es war immer charakteristisch für die FDP, dass es rauf und runter geht. Ein Wechselbad der Gefühle eben.

Vor 30 Jahren hat die FDP die sozialliberale Koalition gekündigt. Ist sie nun für immer und ewig an CSU und CDU gekettet?

Das ist sie nicht. Aber wenn ich sehe, was wir in dieser Legislaturperiode für Bayern erreicht haben, und wenn ich in die Zukunft denke: Bei den Themen, die wirklich wichtig sind für die Weiterentwicklung Bayerns und Münchens, kann ich mir nicht vorstellen, dass das mit den Sozis geht.

Die wollen immerhin als erstes die Studiengebühren abschaffen, die nur noch Bayern und Niedersachsen kassieren.

Die Studienbeiträge bleiben. Dafür stehe ich uneingeschränkt. Wer international sichtbar sein will, braucht Studienbeiträge. Und wir dürfen auch nicht vergessen, dass man die Studienbeiträge auch erst nach Abschluss des Studiums, wenn man ein bestimmtes Einkommen erreicht hat, langsam zurückzahlen kann. Für meine Partei ist essentiell, dass das kostenfreie Kindergartenjahr kommt.

Wie steht es um den von Ihnen gewünschten Konzertsaal im Kongresssaal des Deutschen Museums?

Der Verwaltungsrat des Museums hat sich positiv geäußert, im Kuratorium gibt es kritische Stimmen. Die Machbarkeitsstudie ist in Arbeit. Geprüft werden soll, ob innerhalb des bestehenden Baus und unter Berücksichtigung der Belange des Museums ein Konzertsaal im Kongresssaal möglich ist, oder ob ein Neubau vorzuziehen wäre. Ich werbe für letzteres. Ich möchte eine offene Museumsinsel.

Ist das kein Luxusprojekt?

Kunst und Kultur werden unter meiner Verantwortung finanziell nicht heruntergefahren. München profitiert heute massiv von kulturellen Investitionen der Vergangenheit. Auch wir haben die Pflicht, für die Zukunft zu sorgen. Das ist notwendig.

Es hat sich bisher auch noch kein privater Spender gemeldet, der den Neubau unterstützen will.

Die werden kommen. Sponsorenwollen wissen, was sie unterstützen. Deswegen bin ich für einen Neubau. Der bestehende Saal ist aus meiner Sicht keine architektonische Meisterleistung.

Ist ein Konzertsaal sinnvoll, wenn gleichzeitig Museen vergammeln?

Das Selbstverständnis und Selbstbewusstsein einer Gesellschaft zeigt sich gerade in der Gestaltung des Neuen. Selbstverständlich sind Renovierungen wichtig, aber es geht nicht an, dass nur renoviert wird und nicht an die Zukunft gedacht wird. Deshalb müssen neue Dinge in Gang gesetzt werden – wie das Museum Brandhorst oder das Neue Museum in Nürnberg.

Kommt der zweite Bauabschnitt der Pinakothek der Moderne noch?

Im Augenblick ist das nicht in der Diskussion. Ich möchte die Erweiterung gerne, muss aber als bayerischer Minister Prioritäten setzen.

Wann werden die Wagner- Schwestern in Bayreuth von einem externen Intendanten abgelöst?

Ich mag Kontroversen über Inszenierungen. Aber mich wundert, dass die Wiederaufnahmen ein Jahr später immer viel freundlicher besprochen werden. Wir werden mit den Wagner-Schwestern 2013 verhandeln. Bayreuth ist das kulturelle Markenzeichen schlechthin, nicht nur für Bayern, sondern für ganz Deutschland.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.