Hessen-Wahl: Koch warnt vor "riskanten Experimenten"
Bei der Energiepolitik stünde die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Hessen auf dem Spiel, meint der Ministerpräsident. Rot-Grün fordert eine «andere politische Kultur» und macht erstmals gemeinsam Wahlkampf.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat vor einem Arbeitsplatzabbau gewarnt, sollte die SPD am Wochenende die Landtagswahl gewinnen. «Am kommenden Sonntag steht die Zukunft unseres Wirtschaftsstandortes auf dem Spiel», sagte Koch am Mittwoch vor Journalisten in Wiesbaden. Sollte eine SPD-Regierung ihre Pläne für den massiven Ausbau der regenerativen Energien in die Tat umsetzen, werde es zu einem schleichenden Wegzug der energieintensiven Industrien aus Hessen kommen.
Koch verwies darauf, dass allein der Industriepark in Frankfurt-Höchst ein Prozent der gesamten deutschen Stromproduktion verbrauche. Der völlige Verzicht auf Atomkraftwerke und der weitgehende Verzicht auf Kohlekraft führe zu einer sinkenden Versorgungssicherheit und deutlich steigenden Preisen: «Ich glaube, dass die Menschen erkennen, dass derart riskante Politikexperimente einem Land mehr schaden als nutzen.» Die Spitzenkandidaten von SPD und Grünen haben zum ersten Mal auf einer gemeinsamen Wahlkundgebung um Stimmen geworben. Andrea Ypsilanti (SPD) und Tarek Al-Wazir (Grüne) sprachen sich am Mittwoch auf einer Veranstaltung vor der Frankfurter Hauptwache für einen Regierungswechsel in Wiesbaden aus, den beide übereinstimmend als «greifbar nahe» bezeichneten. Die SPD-Spitzenkandidatin sagte, die Ablösung des CDU-Politikers Roland Koch als Ministerpräsident sei schon deshalb geboten, «damit eine andere politische Kultur in Hessen einzieht».
Sie kritisierte erneut die Kampagne des Amtsinhabers zur Jugendkriminalität und Ausländern. Wer selbst Stellen bei Polizei und Justiz abgebaut sowie Gelder für Prävention gekürzt habe, der habe kein Recht, sich so zu äußern. Sowohl Ypsilanti als auch Al-Wazir bekräftigten das Ziel einer rot-grünen Regierung nach der Landtagswahl am Sonntag. Dieses Ziel sei nach den Umfragen durchaus erreichbar. Al-Wazir warnte ausdrücklich vor «verlorenen Stimmen» für die Linkspartei. Die SPD warf Koch eine Angstkampagne vor. Ihr Kandidat für das Amt des hessischen Wirtschaftsministers, Hermann Scheer, sagte dagegen, der Ausbau der erneuerbaren Energien bringe neue Arbeitsplätze und führe zu keinem signifikanten Preisanstieg: «An der Börse sind Windaktien und Solaraktien ganz oben, weil sie Zukunftstechnologien sind.» Wenn Hessen die beiden Atomkraftwerke Biblis A und B komplett durch regenerative Energien ersetze, werde sich die durchschnittliche Mehrbelastung pro Haushalt auf maximal zwölf Euro pro Jahr belaufen. Koch offenbare mit seinen Äußerungen eine komplette Ahnungslosigkeit, sagte Scheer. Da Hessen bislang beim Ausbau der erneuerbaren Energien eine Schlusslichtrolle eingenommen habe, seien auch die wirtschaftlichen Vorteile, wie die Schaffung tausender zusätzlicher Arbeitsplätze, an Hessen vorbei gegangen. Dafür trage die hessische Landesregierung eine Mitverantwortung: «Koch hat der hessischen Wirtschaft bereits jetzt schwer geschadet.» Die CDU will den Anteil erneuerbarer Energien an der Endversorgung bis 2020 auf 20 Prozent steigern, die SPD will etwa 60 Prozent bis 2012 erreichen. Hessen liegt derzeit etwas über fünf Prozent, der Bundesdurchschnitt bei 14,3 Prozent. Der hessische Grünen-Vorsitzende Tarek Al-Wazir sagte, Energie- und Umwelttechnik seien in Zukunft die Leitbranchen der deutschen Industrie. Die ideologische Wirtschafts- und Energiepolitik Kochs berge die Gefahr, dass Hessen diesen Zug verpasse. Allein in Nordhessen seien bis zu 35.000 neue Arbeitsplätze in den nächsten Jahren möglich, wenn die Landespolitik die richtigen Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien setze. (nz)
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