Herrmann: "Wer den deutschen Pass will, kann nicht im Herzen Türke bleiben wollen."
MÜNCHEN - Am Freitag kommt der türkische Regierugschef Erdogan nach Deutschland zu Besuch. Der bayerische Innenminister Herrmann rät dem politischen Kollegen, die Visite zu einem Integrationsaufruf zu nutzen.
Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan sollte seinen Deutschland-Besuch nach Ansicht des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) zu einem Integrationsaufruf an Migranten nutzen.
Herrmann sagte der Nachrichtenagentur dapd, bisher habe Erdogan "mit vielen öffentlichen Äußerungen eher der Abgrenzung türkischer Mitbürger das Wort geredet und so der Bildung von Parallelgesellschaften Vorschub geleistet". Der CSU-Politiker mahnte: "Wer den deutschen Pass will, kann nicht im Herzen Türke bleiben wollen."
Erdogan kommt am Freitag nach Berlin. Am Samstag wird er sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Gespräch treffen.
Herrmann sagte, in Sicherheitsfragen wie der Terrorbekämpfung gebe es eine enge und bewährte Zusammenarbeit mit der Türkei. Unabhängig davon sollte Erdogan "aber auch die Spielregeln der Integration in Deutschland anerkennen". Herrmann kritisierte: "Seine Äußerungen vor rund zweieinhalb Jahren, als er in Köln vor einer 'Assimilierung' der Türken in der Bundesrepublik warnte und das als 'Verbrechen gegen die Menschlichkeit' bezeichnete, wirken bei vielen Menschen in Deutschland nach und bleiben inakzeptabel."
Integration heiße "gelebte Anerkennung unserer Rechts- und Werteordnung, wie sie im Grundgesetz zum Ausdruck kommt". Genauso wichtig seien das Erlernen und der Gebrauch der deutschen Sprache im täglichen Miteinander, mahnte Herrmann. Dies habe "überhaupt nichts mit Assimilierung zu tun", sondern sei notwendig für eine stabile, friedliche und zukunftsfähige Gesellschaft.
Der Innenminister betonte: "Es hätte eine immense Wirkung, wenn der türkische Ministerpräsident seine bisherigen Landsleute dazu aufrufen würde, sich entsprechend diesen Spielregeln in unser Land zu integrieren. Deswegen müssen sie ja noch lange nicht ihre kulturelle und religiöse Identität aufgeben."
Herrmann bekräftigte zugleich sein Nein zu einem Beitritt der Türkei in die Europäische Union: "Ich lehne eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU rundweg ab." Dies sei auch "die klare Position von CDU und CSU". Der Minister fügte hinzu: "Mit einer privilegierten Partnerschaft wäre beiden Seiten mehr gedient als mit dem unrealistischen Versprechen an die Türkei, irgendwann in die EU eintreten zu können."
Bundespräsident Christian Wulff hatte vor einigen Tagen "faire Verhandlungen" über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei angemahnt. Die Gespräche müssten ergebnisoffen geführt werden.
Herrmann betonte nun: "Es gibt in keinem EU-Land eine Mehrheit für die Aufnahme der Türkei. Europa wäre damit überfordert – und die Türkei ist dazu noch weniger in der Lage." Der CSU-Politiker fügte mit Blick auf den Umgang mit Christen in der Türkei hinzu: "Oft kann ich hier nicht einmal ansatzweise eine Annäherung an grundlegende Werte und Prinzipien der Europäischen Union erkennen."
Herrmann verwies zudem darauf, "dass die säkularen Kräfte in der Türkei immer mehr zurückgedrängt werden". Er mahnte: "Uns muss klar sein, was das für die Beitrittsfrage bedeutet. Die Befürworter einer Aufnahme der Türkei müssen sich endlich von der Illusion verabschieden, dass Europa so den Islam 'verwestlichen' könnte."
dapd