Heckler & Koch: "Wir sollten eine Spende tätigen"

Stuttgart - Haben hochrangige Mitarbeiter des Rüstungskonzerns Heckler & Koch (H & K) Politiker des Bundestags bestochen? Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, Heiner Römhild, bestätigt entsprechende Ermittlungen seiner Behörde (hier der Bericht). Die Zahlungen von Heckler & Koch, die den Verdacht der Bestechung nähren, sind seit langem bekannt. Neu ist, dass sie offensichtlich in direktem Zusammenhang zu illegalen Exporten von Kriegswaffen nach Mexiko stehen. Das war bisher nur eine Vermutung.
Vor dem Landgericht in Stuttgart müssen sich seit vergangener Woche sechs H & K-Manager wegen des anrüchigen Übersee-Deals verantworten. Tausende von G3-Sturmgewehren, so die Anklage, seien 2009 und 2010 illegal in Unruheprovinzen des lateinamerikanischen Landes gelandet. Zu den Angeklagten zählt auch der damalige Geschäftsführer des Konzerns, Peter Beyerle, ein ehemaliger Richter.
Heckler & Koch: Belegen brisante Mails die Korruption?
Sein Name taucht auch in Zusammenhang mit den Zahlungen auf, die nun unter dem Bestechungsverdacht untersucht werden. "Report Mainz" stieß bei der Auswertung eines internen Prüfberichts darauf. Zum Prüfbericht gehören brisanten Mails aus der Chefetage von Heckler & Koch, in denen es um die Zahlungen an Politiker geht. Eine Kopie des Mailverkehrs aus dem Jahr 2010, der im Zentrum der Ermittlungen steht, liegt der AZ vor.
Wie aus der elektronischen Korrespondenz hervorgeht, sorgte sich der H & K-Geschäftsführer um das Mexiko-Geschäft des Unternehmens, nachdem die Runde der zuständigen Staatssekretäre den Exportantrag von Waffen auf Eis gelegt hatte.
Was zu tun ist, daran lässt Beyerle in seinen Mails keinen Zweifel. "In den nächsten vier Monaten", schreibt er, "ist mit keiner positiven Entscheidung zu rechnen. Es bleibt nur noch der politische Weg. Wir sollten daher möglichst bald eine Spende an die CDU, aber auch an die sehr empfängliche FDP tätigen."
In einer anderen Mail schreibt er: "Hallo Herr H . . ., wir hatten vereinbart, dass wir an CDU und FDP insgesamt je 10 000 Euro spenden. CDU ist erledigt, bei FDP gingen 5.000 an Burgbacher bzw. Ortsverein, so dass noch 5000 an Frau Hoff offen sind. Sie hat die ihr avisierte Spende gerne angenommen und an den unten mitgeteilten Empfänger erbeten."
Die Namen von eventuellen Geldempfängern will die Staatsanwaltschaft in Stuttgart nicht bestätigen, doch sie sind anhand der Mails leicht auszumachen. 10.000 Euro erhielt demnach im März 2010 die CDU in Rottweil. Dort ist CDU-Fraktionschef Volker Kauder der "Platzhirsch" und immer wieder zu Gast beim Waffenhersteller Heckler & Koch. Nur drei Wochen nach der Überweisung, berichtet "Report Mainz", wendete sich Peter Beyerle schriftlich an Kauder und bat ihn um Unterstützung bei der Erteilung einer lang erwarteten Exportgenehmigung für tausende Sturmgewehre nach Mexiko.
5000 Euro erhielt den Mails zufolge der einflussreiche FDP-Bundestagsabgeordnete Ernst Burgbacher, der lange Jahre Geschäftsführer der FDP-Fraktion war und zur Zeit der undurchsichtigen Zahlungen Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie.
Staatsanwaltschaft Stuttgart: Ermittlungen nicht abgeschlossen
Nicht minder einflussreich war damals die für Sicherheitsfragen in ihrer Partei (ebenfalls FDP) zuständige Elke Hoff, die auch noch Mitglied im Verteidigungsausschuss war, sowie im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik saß. Auch sie erhielt ganz offensichtlich aus der H & K-Kasse 5.000 Euro.
Haben sich die Politiker bestechen lassen? Heiner Röhmhild von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft drückt auf die Bremse: "Wir haben bei den Ermittlungen natürlich auch die Frage nach der Bestechlichkeit der Zahlungsempfänger geprüft, bisher jedoch keine belastbaren Indizien dafür gefunden. Die Ermittlungen sind aber noch nicht abgeschlossen."
Rüstungsgegner Jürgen Grässlin, der mit seinen Anzeigen die Ermittlungen gegen Heckler & Koch in Gang setzte, misst der Aufklärung der Rolle von Volker Kauder eine zentrale Rolle in der Affäre zu.
"Kein anderes Unternehmen", so Grässlin, "erhielt im Bundessicherheitsrat oder dem vorbereitenden Ausschuss mehr einzelne Exportgenehmigungen als Heckler & Koch", sagt er.
Grässlin geht davon aus, dass die Waffenexporte nach Mexiko und die undurchsichtigen Zahlungen an die Politiker auch bei der Hauptversammlung von Heckler & Koch am 26. Juni für hitzige Debatten sorgen werden.