Haushaltsdebatte: Merkel und Gabriel liefern sich Schlagabtausch

Die Haushaltsdebatte im Bundestag: Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel werfen sich am Mittwoch gegenseitiges Versagen vor. Es geht um die bisherige Bilanz der Regierung.
von  Abendzeitung
SPD-Chef Sigmar Gabriel am Mittwoch
SPD-Chef Sigmar Gabriel am Mittwoch © dpa

BERLIN - Die Haushaltsdebatte im Bundestag: Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel werfen sich am Mittwoch gegenseitiges Versagen vor. Es geht um die bisherige Bilanz der Regierung.

Die Chefin und ihr Widersacher Nummer eins: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Sigmar Gabriel hatten gestern ihr erstes Aufeinandertreffen nach einer Sommerpause, die beide gebeutelt hatte. Bei der traditionsreichen Generaldebatte über den Kanzleramtsetat, die während der Haushaltsberatungen stets zur beiderseitigen Abrechnung im großen Stil genutzt wird. Die AZ zieht Bilanz des Showdowns:

Soziale Gerechtigkeit: Gabriel greift mit dem groben Keil an: „Sie haben keine Vorstellung davon, was Gemeinwohl in Deutschland ist“, attackiert der SPD-Chef die Unions-Kanzlerin. Die Bürger fühlten sich zunehmend ohnmächtig, nach dem Motto: „die da oben – wir da unten“. Die Kanzlerin wehrt sich: Nur ihrer Politik sei es zu verdanken, dass Deutschland überhaupt so stark und mit einem so robusten Arbeitsmarkt aus der Finanzkrise gekommen sei: „Wir haben Grund zur Zuversicht.“

Die Lobby-Debatte: Nicht nur die Atomdiskussion sorgt für Zündstoff. Sondern etwa auch das umstrittene Mehrwertsteuergeschenk für Hoteliers. Merkel habe sich als die „Kanzlerin der Konzerne“ erwiesen, stichelt der SPD-Chef. „Wenn Sie regieren, bedienen sie im wesentlichen Klientelinteressen.“ Dann wird Gabriel beleidigend: „Benehmen Sie sich wie eine Kanzlerin und nicht wie eine Geheimrätin!“ Merkel lässt’s schmallippig an sich abtropfen und kontert staatsmännisch: Schwarz-Gelb werde jetzt in einen „Herbst der Entscheidungen“ starten, kündigt Bundeskanzlerin Angela Merkel an. Worin diese genau bestehen sollen, wird nicht recht deutlich. Merkel spricht Atom- und Gesundheitspolitik an und sagt, sie halte, wo es sein muss, auch an unpopulären Entscheidungen fest: etwa bei der Rente mit 67.

Integration und Werte: Zwei Vorfälle hatten die beiden großen Parteien über die Sommerpause in heftige Turbulenzen gestürzt. Der Fall Sarrazin und der von Gabriel angestrebte Parteiausschluss für den Ex-Finanzsenator von Berlin brachte die SPD ins Schwimmen. Und die Union stolperte, angefeuert von Vertriebenenchefin Erika Steinbach, in eine Debatte, wie konservativ sie sein muss. Gabriel und Merkel äußerten sich hier eher nachdenklich. In der Integrationspolitik gestand Merkel Fehler zu. Zu lange habe das Land Migranten als „Gastarbeiter“ gesehen, zu lange habe man das „Gerede von Multikulti“ laufen lassen. Gabriel äußerte sich ähnlich. Es sei „mit zuviel Naivität von der Multikultigesellschaft geträumt worden“. Seine Ansage an die Sarrazins und Steinbachs: „Meinungsfreiheit ist kein Deckmäntelchen für das verantwortungslose Gerede.“

Machtspiele: Immer schon ist die Generaldebatte auch der Platz für respektloses Gefrotzel. Das beginnt schon, als Gabriel in seine Rede startet. Die Regierung zu kritisieren sei „keine wirkliche intellektuelle Herausforderung“, ätzt er. Deswegen dürfe es ja auch der SPD-Chef machen, höhnt es aus den schwarz-gelben Reihen. Später gibt Merkel ihrem Widerpart dafür noch eins mit – und würdigt deren Mitkampf gegen die Krise während der großen Koalition: „Damals waren Sie ja noch vernünftig“. mue

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