Hartz IV: Erst der Eklat, dann der Beschluss

BERLIN - Gegen den wütenden Protest der Opposition segnet Schwarz-Gelb die Reform ab. Ab nächstem Jahr bekommen Hartz-IV Empfänger damit fünf Euro mehr.
Fünf Euro mehr im Monat für Bedürftige: Die Koalition hat im Bundestag am Freitag die Hartz-IV-Reform auf den Weg gebracht. Aber nur unter heftigen Geburtswehen. Opposition und Koalition beschimpften sich heftig, es gab einen Geschäftsordnungs-Eklat samt Sitzungsunterbrechung.
Es war der erwartete Showdown im Bundestag: Hartz IV, einst von Bundeskanzlerin Angela Merkel Vorgänger Gerhard Schröder mit rot-grüner Mehrheit durchgesetzt, musste reformiert werden. Dazu zwingt ein Urteil des Verfassungsgerichts. Die Debatte machte schnell klar, wie blank die Nerven beim Thema Staatsunterstützung für Langzeitarbeitslose liegen.
Zentrales Kampfduo: SPD-Chef Sigmar Gabriel und CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Die warf der SPD vor, nicht genug für arme Kinder getan zu haben. Deswegen sei das von ihr geplante Bildungspaket für benachteiligte Familien auch so nötig, warb von der Leyen: „Kommen Sie mit ins Boot“, rief sie der Opposition zu, „machen Sie mit".
Die aber dachte nicht daran: Gabriel warf von der Leyen vor, die Unwahrheit zu sagen. Rot-Grün habe damals vier Milliarden Euro für Bildung bereitgestellt: „Sie packen nur ein Päckchen von 740 Millionen Euro.“ Wenn die Union wirklich die Zusammenarbeit mit der SPD wolle, „dann verkleckern Sie das nicht mit Mini-Bildungspäckchen“, polterte Gabriel weiter.
Weil von der Leyen daraufhin erneut ans Mikrofon ging, um sich zu rechtfertigen, kam es dann im Bundestag zu einem ungewöhnlichen Eklat: Die Linke beantragte eine Unterbrechung. Da von der Leyen zum zweitenmal redete, müsse die Debatte nach parlamentarischem Brauch neu eröffnet werden. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin protestierte heftig und wurde vom Präsidium zurechtgewiesen. Nach einer halben Stunde ging’s dann weiter.
Dabei könnte es sein, dass die Reform nur vorläufig zum 1. Januar kommt und danach noch einmal nachgebessert werden muss. Denn am nächsten Freitag muss das Projekt noch durch den Bundesrat. In der Ländervertretung gibt es nur dann eine Mehrheit, wenn die saarländischen Grünen mitziehen. Die regieren mit Union und FDP in einer Jamaika-Koalition und winken schon mit dem Zaunpfahl: Wenn Berlin dem Saarland ein – wohl finanzielles – Angebot mache, werde man neu beraten, sagte Grünen-Landeschef Hubert Ulrich. mue