Harte Kritik: Kenia will 600 000 Flüchtlinge loswerden

Kenia will das größte Flüchtlingslager der Welt schließen. Hunderttausende Menschen sollen das ostafrikanische Land verlassen. Doch wie soll das gehen? Hilfsorganisationen sind erschreckt.
von  dpa

Nairobi - Kenia will zwei Flüchtlingslager mit rund 600 000 Menschen schließen, weil es sie für potenzielle Brutstätten des Terrorismus hält. Die Pläne stoßen auf harte Kritik.

Das ostafrikanische Land ist Zufluchtsort Hunderttausender Menschen aus Somalia und anderen benachbarten Krisenstaaten und steht im Fokus der somalischen Islamistenmiliz Al-Shabaab.

Das kenianische Innenministerium hatte am Freitag die Schließung der Lager Dadaab und Kakuma "aus Sicherheitsgründen" angekündigt. Die Regierung befürchte Aktivitäten der Terrorgruppe Al-Shabaab in den Lagern, hieß es.

Die Bedrohung durch Al-Shabaab gebe es, sagte der Flüchtlingsexperte der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), Bill Frelick. "Doch die kenianische Regierung sollte jene Menschen angemessen strafrechtlich verfolgen, die Verbrechen begangen haben, und die Bemühungen um den Schutz von Flüchtlingen nach internationalen Richtlinien aufrechterhalten."

Es ist nicht das erste Mal, dass Kenia mit der Auflösung der Camps droht. Kenia ist eines der wenigen politisch stabilen Länder in der Region. Hunderttausende Menschen aus dem Südsudan, Somalia und anderen Staaten haben hier Schutz gesucht.

Das Lager Dadaab im Osten des Landes wurde bereits nach dem Sturz der Regierung Siad Barres in Somalia 1991 errichtet. Mittlerweile leben hier nach Angaben der Vereinten Nationen rund 350 000 Menschen. Es gilt als das größte Flüchtlingslager der Welt.

Über ein Vierteljahrhundert haben sich Strukturen herausgebildet, mit denen Dadaab weniger einer provisorischen Einrichtung als vielmehr einer Stadt ähnelt - der viertgrößten Stadt Kenias nach Nairobi, Mombasa und Kisumu. Es gibt Gemüse- und Viehmärkte, Schulen, Geldtransferbüros und Kinos. Dabei leben Tausende Menschen in notdürftigen Unterkünften aus Ästen und kaputten Plastikplanen.

In Dadaab und Kakuma leben nach UN-Angaben insgesamt mehr als 380 000 Somalier. Die Al-Shabaab hat Kenia verstärkt im Visier, seit sich die kenianischen Streitkräfte an dem Militäreinsatz der Afrikanischen Union im Nachbarland Somalia gegen die Dschihadisten beteiligen.

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