Hans-Dietrich Genscher: „Münchens Charme reizt mich“

Vor dem Auftritt im Münchner Hofbräukeller: Ein Interview mit der FDP-Legende Hans-Dietrich Genscher über Wahlkampf im Alter, die Chancen der FDP und darüber, ob Westerwelle endlich Minister wird.
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Wahlkampf-Zugpferd wie eh und je: Hans-Dietrich Genscher.
dpa Wahlkampf-Zugpferd wie eh und je: Hans-Dietrich Genscher.

Vor dem Auftritt im Münchner Hofbräukeller: Ein Interview mit der FDP-Legende Hans-Dietrich Genscher über Wahlkampf im Alter, die Chancen der FDP und darüber, ob Westerwelle endlich Minister wird.

AZ: Herr Genscher, Sie kommen heute Abend in den Münchner Hofbräukeller - ein Zuckerl für die bayerischen Liberalen um Sabine Leutheusser-Schnarrenberger?

HANS-DIETRICH GENSCHER: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat die bayerischen Liberalen aus dem Tal der Tränen in die Regierungsverantwortung geführt. Das ist gut für Bayern. Und was gut für Bayern ist, ist gut für Deutschland. Deshalb komme ich nach München.

Ihre Partei befindet sich seit Monaten im demoskopischen Höhenflug. Trauen Sie dem Frieden?

Zusammengezählt wird am Wahlabend, aber gute Umfrageergebnisse bedeuten immer Aufwind. Dem traue ich.

Schafft es Guido Westerwelle, wegzukommen vom kühlen Image der Steuersenkungspartei?

Was heißt "kühles Image", wenn es um einfache und gerechte Steuern geht? Nicht jeder kann sich einen Steuerberater leisten, obwohl die Kompliziertheit des Steuersystems es nahe legt. Die Feststellung der OECD, dass die Belastung der kleinen und mittleren Einkommen in Deutschland mit am höchsten ist, ist ein Alarmsignal und das Ergebnis der Steuerpolitik der letzten elf Jahre.

Sollte Schwarz-Gelb im Herbst klappen: Welchen Ministersessel würden Sie Westerwelle eher empfehlen?

Es geht um eine bessere Politik. Die Sache mit dem Ministersessel kommt später - vielleicht. Übrigens sind es in der Regel keine Sessel, sondern recht harte Schemel. Wäre ich an seiner Stelle, würde ich mich natürlich für das Außenministerium entscheiden.

Die CSU wirbt in Ihrem Wahlkampf offensiv für Volksabstimmungen.

Not macht erfinderisch. Aber nicht unbedingt sinngebend und weiterführend.

Stichwort Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU? Was hält der Außenpolitiker Genscher davon?

Man wird sehen, wie die Urenkel von Konrad Adenauer und Ludwig Erhard mit deren Versprechen aus den frühen 60er Jahren des letzten Jahrhunderts mit der Einhaltung der Zusagen ihrer großen Vormänner umgehen. Die wollten die Türkei-Mitgliedschaft vor fast 50 Jahren, und damals möglichst bald.

Sie haben die Bundespräsidentenwahl von der Ehrentribüne aus verfolgt. Sollte das Staatsoberhaupt künftig direkt vom Volk gewählt werden, wie es die FDP fordert?

Das habe ich 1969 auch gefordert. Aber richtig ist auch: Wir sind mit dem bisherigen Wahlsystem und den damit gewählten Bundespräsidenten doch recht gut gefahren. Aber eine Debatte über mehr Bürgerbeteiligung kann durchaus sinnvoll sein. Wer kann sie wirklich scheuen?

Im September jährt sich Ihr Auftritt auf dem Balkon der Prager Botschaft zum 20. Mal. Wie sind Sie mit dem bisherigen Einigungsprozess zufrieden?

E i n Volk waren wir immer. Daran haben auch 40 Jahre verfehlter sozialistischer Politik nichts geändert. Die innere Vereinigung ist viel weiter gediehen, als die Anhänger alten Denkens - des Denkens in zwei deutschen Staaten - wahrhaben möchten.

Aus Ihrer Generation macht kaum noch jemand direkten Wahlkampf. Was reizt Sie daran: Pflichtgefühl oder Lust?

Beides und der Charme Münchens.

Interview: jox/mue

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