Hanns-Seidel Stiftung gibt Millionenerbe ab

Seit 1984 verlieh die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung alle zwei Jahre Volksmusikpreise. Doch das Geld war von Altnazis geerbt. Nun will die Stiftung das anrüchige Vermögen loswerden.
München - Die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung gibt ein Nazi-Millionenerbe ab. Auch die bisher mit den 1,4 Millionen Euro finanzierten Volksmusikpreise werden künftig nicht mehr verliehen, wie die Stiftung am Mittwoch mitteilte. Das Ehepaar Max und Maria Wutz hatte der Stiftung das Geld Anfang der 1980er-Jahre hinterlassen - mit der Auflage, damit Volksmusikpreise zu finanzieren.
Der „Spiegel“ hatte im vergangenen Herbst publik gemacht, dass es sich bei dem Paar um Nazis der ersten Stunde handelte. Deswegen hatte dann der frühere israelische Präsident Schimon Peres die Annahme des ebenfalls von der Stiftung verliehenen Franz-Josef-Strauß-Preises abgelehnt. Ein von der Stiftung in Auftrag gegebenes Gutachten des Münchner Instituts für Zeitgeschichte bestätigte den Vorwurf der NS-Nähe inzwischen.
Das Ehepaar Wutz zählte laut Gutachten in den 1920er-Jahren zu Hitlers frühen Gefolgsleuten, auch wenn es insgesamt betrachtet „nur eine nachrangige politische Rolle“ gespielt habe. Die Eheleute gehörten zur sogenannten „Sternecker-Gruppe“ – benannt nach dem Münchner Wirtshaus Sterneckerbräu, in dem Hitler die erste NSDAP-Parteizentrale eingerichtet hatte.
Nun wollen die Stiftung und das für die Anerkennung von Stiftungen zuständige Kultusministerium überlegen, wofür das derzeit auf einem Treuhandkonto geparkte Geld künftig verwendet werden kann. „Die Veränderung des Stiftungszweckes wollen wir gemeinsam besprechen“, sagte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU). Vorstellbar wäre nach Spaenles Einschätzung eine Umwidmung für den Jugendaustausch oder die Erinnerungsarbeit an die NS-Zeit. „Das ist zunächst ein Gedanke“, sagte der Kultusminister.
Die Volksmusikpreise der Hanns-Seidel-Stiftung jedenfalls wird es künftig nicht mehr geben. Mit der Auszeichnung wurden traditionelle Volksmusiker aus Bayern geehrt. Die jährlich sechs Preise waren mit einigen hundert Euro dotiert. Zuletzt waren die Ehrungen im Mai 2012 vergeben worden.