Hamburg: Kommt jetzt Schwarz-Grün?
Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg hat die CDU ihre absolute Mehrheit eingebüßt, ist aber stärkste Kraft geblieben. Bürgermeister Ole von Beust kann mit SPD oder Grünen regieren.
HAMBURG. Der Jubel bei der CDU in Hamburg will nicht so recht überzeugend klingen: Ole von Beust hat die Bürgerschaftswahl im Stadtstaat Hamburg zwar gewonnen – seine absolute Mehrheit hat er aber verloren. Auch von Beust tanzte nicht vor Freude. Er wolle erst mal eine Nacht über das Ergebnis schlafen, sagte er – und verschwand.
Die freie Zeit konnte er nutzen, um über zwei Fragen nachzugrübeln: Wird er Geschichte schreiben und mit den Grünen die erste Koalition auf Landesebene eingehen? Oder geht von Beust auf Nummer sicher und bildet eine große Koalition? Die AZ erklärt die Zusammenhänge.
Wie lautet das Wahlergebnis?
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis der Hamburger Bürgerschaftswahl kommt die CDU auf 42,6 Prozent der Stimmen – 4,6 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl 2004. Die SPD kann mit ihrem Spitzenkandidaten Michael Naumann um 3,6 Punkte zulegen und erreicht 34,1 Prozent der Stimmen. Die Grün-Alternative-Liste (GAL) büßt gegenüber der letzten Wahl 2,7 Prozentpunkte ein und kommt auf 9,6 Prozent. Die erstmals angetretene Linke zieht mit 6,4 Prozent in die Bürgerschaft ein. Die FDP legte zwar um 1,9 Prozent zu, scheiterte jedoch mit 4,7 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde.
Welche Koalitionen sind jetzt möglich?
Die absolute Mehrheit hat das Bündnis, das 61 Sitze hat. In der neuen Hamburger Bürgerschaft würde die CDU 56 der 121 Sitze erhalten, die SPD bekäme 45, die GAL 12, die Linke 8. Die Wunschkonstellationen von CDU und SPD – Schwarz-Gelb und Rot- Grün – klappen nicht. Das bedeutet: Erstmals in einem Bundesland wäre eine schwarzgrüne Koalition möglich.
Ebenfalls machbar wäre eine große Koalition, eine Koalition von CDU und Linkspartei sowie eine Koalition der SPD mit den Grünen und der Linkspartei. Da jedoch sowohl die CDU, Grüne als auch die SPD ein Bündnis mit der Linkspartei ausgeschlossen haben, ist nur Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün möglich.
Wie stehen die Wähler zu den Koalitionsmöglichkeiten?
Sehr skeptisch: Nur 32 Prozent würden laut einer Umfrage von der Forschungsgruppe Wahlen eine große Koalition gutheißen – 53 Prozent lehnen sie ab. Noch geringer wäre der Zuspruch für eine Zusammenarbeit der CDU mit den Grünen: Lediglich ein gutes Viertel der Befragten wollten sie, aber 54 Prozent war sie unsympathisch.
Wie reagierten von Beust und Naumann?
Als erster trat Naumann auf der Wahlparty der SPD auf. „Die absolute Mehrheit des Ole-von-Beust-Senats ist weg!“ schrie er in die Menge, die ihn mit Riesen-Jubel feierte. Naumann rühmte sich für den Stimmenzuwachs, nachdem er die Spitzenkandidatur vor einem Jahr in fast auswegloser Lage übernommen hatte. „Die Sozialdemokratie in Hamburg ist wieder da.“ Über mögliche Koalitionen sagte er nichts.
Wenig später trat von Beust vor die Mikrofone. „Wir haben den klaren Auftrag, in Hamburg eine Regierung zu bilden.“ Dann kündigte er an, sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen Gespräche führen zu wollen.
Warum hat von Beust gewonnen?
Obwohl er nicht gerade als fleißig gilt, ist der volksnahe Politiker beliebter als der etwas verkopfte Journalist Naumann. Die Hanseaten trauen von Beust auch mehr Tatkraft und Kompetenz zu. Hinzu kommt, dass die Hamburger Wirtschaft boomt.
Wie wahrscheinlich sind jetzt hessische Verhältnisse?
Eher unwahrscheinlich. Im Gegensatz zu Hessen haben CDU und SPD eine große Koalition nicht so strikt ausgeschlossen. Auch über Schwarz-Grün wird in der Hansestadt viel unaufgeregter diskutiert.