Halbzeitwahlen in den USA: Zeit der Abrechnung für Obama
Vor den Halbzeitwahlen in den USA droht dem Präsidenten das politische Aus: Barack Obama zieht in den Wahlkampf, aber der Star ist grau geworden. Ehefrau Michelle soll seine Geheimwaffewerden
Der Jubel, die Fahnen, das „Yes we can!“ – Alles war wieder da an der Uni von Ohio, fast wie einst. Und doch: Wieviel Zeit vergangen ist, wie grau der Star von einst geworden ist, wie heiser er seinen Treuen von Zuversicht und Möglichkeiten predigt! Der Glanz ist weg von Barack Obama, die zwei Jahre seit seinem epochalen Sieg scheinen eine Ewigkeit. Der US-Präsident kämpft ums nackte politische Überleben. In 14 Tagen ist Entscheidungsschlacht. Und da braucht er jede Hilfe, die er kriegen kann, vor allem von seiner Geheimwaffe: Ehefrau Michelle.
Als „Mom in Chief“, ungefähr als „Oberkommandierende Mutter der Nation“ stellt sich die populäre First Lady am Sonntag auf das Podium der Universität von Columbus: „Wir haben noch so viel zu tun“, ruft sie und fragt: „Können wir das erledigen?“: Die Antwort gibt sie mit 35000 im Saal: „Yes we can!“ Das tat Obama sicher gut, viele solcher Jubelmomente hat der Präsident nicht in letzter Zeit. Im Gegenteil.
Dort, im Bundesstaat Ohio zum Beispiel, kämpft nicht nur der demokratische Gouverneur Ted Strickland um sein Amt. Auch den Senatssitz könnten die Demokraten verlieren, als einen von insgesamt zehn, die den Demokraten in der Kammer die Mehrheit sichern. Und die ist mehr als gefährdet.
Es ist Zeit der Abrechung in den USA. Am 2. November, wenn alle 435 Mitglieder des Repräsentantenhauses, 37 Senatoren und ebenso viele Gouverneure zur Wiederwahl stehen, droht Obama und seiner Partei ein Fiasko. Gegen einen republikanisch dominierten Kongress könnte Obama kaum noch regieren. Der Anfang vom Ende, das Scheitern von Obamas Wiederwahl in zwei Jahren könnte bei der „Halbzeitwahl“ am 2. November schon eingeleitet werden.
Obama hat General Motors und die Banken gerettet, er hat 20 Millionen Amerikanern eine Krankenversicherung verschafft, er holte die Truppen aus dem Irak – und in der Bevölkerung ist er unpopulär wie nie. Nur noch 46 Prozent finden den Präsidenten gut, George Bush brauchte die schlimmsten Zeiten des Irak-Kriegs, um ähnlich schlecht dazustehen. Im Mai 2004 war das. Danach ging’s ihm besser.
Kann Obama auch eine Wende schaffen? Der Präsident sieht sich einer finanzstarken, wütenden und unberechenbaren Opposition gegenüber (siehe unten). Der 49-jährige wirkt im besten Fall kühl, macht zu wenig aus seinen Erfolgen. Und unbestreitbar sind zehn Prozent Arbeitslosen, während sich die Banker wieder Super-Boni genehmigen.
Jetzt will Obama kämpfenm: „Es ist manchmal entmutigend“, sagt er seinen Fans in Ohio: „Aber lasst euch nicht sagen, dass dieser Kampf sich nicht lohnt.“ Es klang, als müsse er sich selber Mut machen. Matthias Maus