Haderthauer: Auf dem Weg zu höheren Weihen

Christine Haderthauer hat den unbedingten Zug zur Macht. Jetzt ist das laut einem Regierungsmitglied "frechste Maul im Kabinett" Seehofer ihrem Ziel näher.
von  bö, tan
Noch ist sie bayerische Familien-, bald wahrscheinlich Finanzministerin: CSU-Politikerin Christine Haderthauer.
Noch ist sie bayerische Familien-, bald wahrscheinlich Finanzministerin: CSU-Politikerin Christine Haderthauer. © nz

Im AZ-Burnout-Test vor zwei Wochen hatte sie bei nahezu jeder Frage angekreuzt, wie gut sie mit Belastung zurechtkommt, dass sie beim Gedanken an Arbeit erst richtig wach wird – und dass es auch noch ein bisschen mehr sein dürfte. Das wird sie jetzt bald haben: Christine Haderthauer ist so gut wie sicher die neue Finanzministerin Bayerns. Ein Amt, das Schleudersessel sein kann, aber auch Sprungbrett – und genau deswegen hat sie es gewollt. Sie hat den unbedingten Zug zur Macht. Ihrem Ziel, der Staatskanzlei, kommt die durchsetzungsfreudige Ingolstädterin und einflussreichste Frau im Freistaat damit einen entscheidenden Schritt näher. Sehr zum Ärger von Markus Söder.

Eloquent, attraktiv, forsch bis zur Schneidigkeit, gerne Gast in Talkshows: Christine Haderthauer (48) weiß gut, wie sie auftritt. 2007 wurde sie erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als Erwin Huber sie zur Generalsekretärin machte. Schon ein Jahr später musste sie nach der verheerenden Wahlniederlage wieder gehen: Die Verluste von 17,3 Prozent wurden nicht nur Beckstein und Huber, sondern auch ihr als Wahlkampfmanagerin angelastet. Aber Niederlagen steckt die Stehauffrau einfach weg: Wenig später tauchte sie als Sozialministerin wieder auf.

Mit dem anderen Ingolstädter Horst Seehofer hatte sie noch nie ein sonderlich gutes Verhältnis. Kritisch-loyal ist es heute. Aber sie ist die einzige, die sich – etwa bei der Klausur in St. Quirin – traut, ihm zu widersprechen. „Die hat das frechste Maul im Kabinett“, sagt ein Regierungsmitglied. Glücklich sind viele in der CSU nicht mit ihrem Karriereschub. Zu modern ist sie vielen, gerade das Frauenbild, das sie vorlebt: Klar geht das, Kinder und Karriere. Im Jura-Examen war sie mit ihrer Tochter schwanger. Als der Prüfer meinte, sie würde dann ja eh daheimbleiben, „hätt ich ihn am liebsten gewatscht“, sagt sie. „Da bin ich zur Emanze geworden.“

Emanze? In der CSU? Da schlucken manche – auch wenn Haderthauer mit dem Kampf fürs Betreuungsgeld auch konservative Sehnsüchte anspricht. Auch eine Finanzministerin Haderthauer sehen manche skeptisch, gerade ihre Kabinettskollegen: Sie ahnen, dass es schwieriger wird, ihr Geld für die eigenen Ressorts aus den Rippen zu leiern als dem konfliktscheuen Fahrenschon: Sie ist geradezu konfliktsüchtig, heißt es. Den Umgang mit männlichen Ministerkollegen habe sie schon prima geübt, sagt sie gerne – bei der Erziehung ihrer Kinder. „Da lernt man, wie man Nein sagen kann“, feixt sie.

Andere fragen sie, ob sie es fachlich kann: Als Anwältin für Arbeitsrecht ist man nicht unbedingt auf die Feinheiten einer Landesbank spezialisiert. Sie hält das für kein Problem: Arbeitet sie sich halt ein. Sich wo reinzuknien, hat sie noch nie gescheut. Nach dem Motto: Wer zwei Kinder aufzieht und parallel eine Kanzlei aufbaut, wird das auch noch schaffen. Gerade ist die 48-Jährige Oma geworden, ihre Tochter hat es ihr nachgemacht und ist im Studium schwanger geworden. Homestorys darüber lehnt sie ab: Sie will sich über Politik profilieren, nicht über Privates.

Manchmal vergaloppiert sie sich auch: neulich etwa, als sie in einem Interview sagte, „zwei Drittel der (Asyl-)Antragsteller missbrauchen unser Gastrecht“. Für Markus Söder, den anderen Anwärter auf die Staatskanzlei, ist ihr Schachzug ein herber Schlag. Die beiden hassen sich mit Inbrunst: „Fury“ hat er sie genannt, wegen ihres zahnigen Lächelns. Er selbst hat das Finanzministerium nicht gewollt, zu viele Fallstricke. Seine Lieblingsvariante wäre gewesen, Innenminister Joachim Herrmann hätte die Staatskasse übernommen – dann hätte er sich als Sheriff profilieren können. Doch Herrmann wollte nicht.

Und Haderthauer griff entschlossen zu: Sie habe sich selbst ins Spiel gebracht, hieß es. Sie weiß, wenn sie als erste Finanzministerin der CSU besteht, vormacht, dass sie auch harte Themen kann, dann läuft alles auf sie zu.

 

 

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