Guttenbergs Nagelprobe

Der Minister will eine radikale Schrumpfkur für die Bundeswehr und setzt auf Freiwillige – die Kanzlerin wartet ab, wie die Debatte läuft.
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Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg
dpa Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg

BERLIN - Der Minister will eine radikale Schrumpfkur für die Bundeswehr und setzt auf Freiwillige – Bundeskanzlerin Angela Merkel wartet ab, wie die Debatte läuft.

Am Sonntagnachmittag hat er sein Meisterstück der Kanzlerin vorgelegt. Gestern präsentierte er es der Koalition. Karl-Theodor zu Guttenberg will die Bundeswehr um ein Drittel verkleinern und die Wehrpflicht aussetzten. Ein ganz heikles Thema. Nicht nur für seine eigene Partei, die CSU. Bedenken gibt es in der ganzen Union. Da hält sich Bundeskanzlerin Angela Merkel lieber noch vornehm zurück. Sie will erst mal den CDU-Parteitag abwarten, sondieren wie die Stimmung ist, und sich erst dann festlegen, ob sie ihrem Verteidigungsminister Schützenhilfe gibt.

Dezidiert hat zu Guttenberg Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt, warum sich die Bundeswehr heute nicht mehr als Wehrpflichtarmee begründen lässt. Die sicherheitspolitische Bedrohungslage habe sich grundlegend geändert. Sein Ratschlag an Bundeskanzlerin Angela Merkel: Die Bundeswehr soll drastisch schrumpfen. Derzeit beträgt ihre Sollstärke 252.000, tatsächlich im Dienst sind knapp 246.000. Künftig sollen es nur noch ingesamt 163.500 sein, inklusive 7500 freiwillig Wehrdienstleistenden. Dies sei eine „moderne Variante, um staatsbürgerliche Verantwortung zu übernehmen“, so Guttenberg zu Merkel.

Mit einem ganzen Paket von Zuckerln will zu Guttenberg die Freiwilligen locken: mit Vergünstigungen beim Numerus Clausus, einem Studienplatz bei der Bundeswehr, einem Führerschein und einer „Military Rate“, also Vergünstigungen für Soldaten bei gesellschaftlichen Veranstaltungen.

Innerhalb von sechs Jahren soll der Umbau abgeschlossen sein. 4,5 Milliarden Euro könnten so bis 2016 durch den Personalabbau eingespart werden. Auf rund fünf Milliarden Euro Einsparpotential hofft das Verteidigungsministerium bei den Rüstungsprojekten – aber erst langfristig. Damit allerdings hätte der Verteidigungsminister sein Ziel verfehlt. Die Vorgabe von Finanzminister Wolfgang Schäuble laute: Acht Milliarden Euro muss Guttenberg in den nächsten vier Jahren einsparen.

Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt sich zwar offen für eine Aussetzung der Wehrpflicht. Sie wolle jede Entscheidung zugunsten der Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr befördern: „Da ist ein Neudenken der Rolle der Wehrpflicht nicht ausgeschlossen.“ Das Modell ihres Verteidigungsministers lobte sie. Es zeige, dass es „gute Gründe geben kann, auch neu zu denken“.

Welche Präferenzen sie selber hat, darüber schweigt Merkel. Ihr Sprecher erklärte gestern: „Die Bundeskanzlerin kann sich in dieser Frage vor einer breiten Diskussion in der Partei nicht festlegen.“

FDP-Chef Guido Westerwelle dagegen bezieht bereits Position: Die Aussetzung des Zwangsdienstes an der Waffe sei „die richtige Antwort auf mangelnde Wehrgerechtigkeit“. Der niedersächsische Ministerpräsidenten David McAllister (CDU) geht schon in Abwehrstellung. Ein Aus für die Wehrpflicht rüttle an den Werten der CDU: „Sie war seit 1955 die Partei der Wehrpflicht und des Zivilen Ersatzdienstes. So etwas zu verändern, wäre schon eine Kursveränderung.“

Nicht besser geht es Guttenbergs eigener Partei. Ihr Wehrexperte Johannes Hintersberger mosert: „Es ist falsch, die Wehrpflicht auszusetzen.“

Doch die CSU-Spitze hält sich noch völlig bedeckt. Auch sie will bis zu ihrem Parteitag warten. Gestern hieß es im Vorstand ganz sibyllinisch nur: „Jetzt lass ma erstmal den Guttenberg machen. Dann sehn ma scho.“

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