Guttenberg teilt aus: Schwere Vorwürfe gegen Uni Bayreuth

Rundumschlag neun Monate nach dem Rücktritt: In einem mehr als 200-seitigen Interview in Buchform attackiert Karl-Theodor zu Guttenberg die Universität Bayreuth und politische Weggefährten. Sein politisches Erbe verteidigt er.
von  dpa

 

Berlin – Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat der Universität Bayreuth in der Plagiatsaffäre schwere Vorwürfe gemacht. „Die Universität war in dieser Sache leider nicht unabhängig, wie etwa die Staatsanwaltschaft, sondern immer Partei“, sagt der 39-jährige CSU-Politiker in dem Interview-Buch „Vorerst gescheitert“, das an diesem Dienstag erscheint.

Den CDU-Politikern Annette Schavan, Norbert Lammert und Wolfgang Böhmer wirft Guttenberg vor, ihm in der Affäre ohne Vorwarnung in den Rücken gefallen zu sein. Sein politisches Erbe verteidigt er in dem Buch vehement. Überraschend enthüllt er aber, dass er auch ohne die Plagiatsaffäre vor der Bundestagswahl 2013 seinen Regierungsposten räumen wollte. Spätestens im Januar wird der Ex-Minister erstmals seit seinem Rücktritt wieder vor einem großen Publikum in Deutschland auftreten.

Guttenberg war Anfang März zurückgetreten, nachdem in seiner Doktorarbeit zahlreiche ungekennzeichnete Zitate entdeckt worden waren. In dem Interview, das „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo im Oktober in einem Londoner Hotel geführt hatte, meldet er sich jetzt erstmals wieder ausführlich zu Wort. Er bekennt sich zu zahlreichen Fehlern in seiner Doktorarbeit.

Den Vorwurf der vorsätzlichen Täuschung, den die Uni Bayreuth erhoben hat, weist Guttenberg aber entschieden zurück. Das Urteil der Prüfung seiner Arbeit habe von vornherein festgestanden. „Ich bin nicht bereit, mir von einer Kommission, die noch nicht einmal mehrheitlich mit Juristen besetzt gewesen ist, eine rechtlich relevante vorsätzliche Täuschung vorwerfen zu lassen.“

Von seinen Kritikern in der CDU greift Guttenberg vor allem Bundestagspräsident Lammert an, der im Zusammenhang mit der Plagiatsaffäre von einem Sargnagel für das Vertrauen in die Demokratie gesprochen haben soll. „Ein Sargnagel braucht immer jemanden, der den Hammer hält und den Sargnagel einschlägt“, sagt Guttenberg. „Diese Rolle würde ich dem Autor des Satzes zugestehen. Das war wirklich unglaublich.“

Der Ex-Verteidigungsminister wiederholt die These aus seiner Rücktrittserklärung, dass er das Verteidigungsministerium als „bestelltes Haus“ hinterlassen habe. Sein Nachfolger Thomas de Maizière habe seine Pläne für die Bundeswehrreform zu 95 Prozent übernommen.

Verteidigungsminister wollte Guttenberg nach eigenen Angaben aber nicht bis zur Bundestagswahl 2013 bleiben, um sich nicht zu sehr vom Politikbetrieb vereinnahmen zu lassen. „Ich habe der Bundeskanzlerin Ende letzten Jahres angekündigt, dass ich wahrscheinlich vor Ende der Legislaturperiode aufhören werde“, sagt er. „Das habe ich jetzt unfreiwillig eingelöst.“ Ende vergangenen Jahres war Guttenberg auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere. Die Medien handelten ihn schon als Kanzlerkandidaten und in allen Meinungsumfragen war er der beliebteste Politiker Deutschlands. Die Kanzlerin hat die Rückzugsankündigung laut Guttenberg lediglich zur Kenntnis genommen.

Schon wenige Tage vor dem Verkaufsstart war nach Angaben des Herder-Verlags in Freiburg der Großteil der Startauflage von 80 000 Exemplaren des Guttenberg-Buchs von Händlern gekauft oder von Lesern vorbestellt. Ein Sprecher des Verlags sagte der Nachrichtenagentur dpa am Montag, man stehe bereits in den Startlöchern nachzudrucken.

Am 28. Januar 2012 will der CSU-Politiker erstmals seit seinem Rücktritt wieder vor großem Publikum in Deutschland auftreten – bei der Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst des Aachener Karnevalvereins. Wie versprochen wolle er dort die Laudatio auf den Kabarettisten Ottfried Fischer halten. Guttenberg hatte den Orden im vergangenen Jahr zugesprochen bekommen, ihn aber nicht selbst entgegengenommen. Für ihn sprang Bruder Philipp ein und hielt eine viel gelobte Rede. Traditionell hält der Ordensträger im folgenden Jahr die Laudatio auf den Nachfolger.

 

 

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