Guttenberg gibt Demokratie in Afghanistan auf

HAMBURG - Afghanistan ist nach Meinung von Verteidigungsminister Guttenberg nicht für eine Demokratie geeignet. Entgegen früherer Auffassung will der Minister die Taliban in eine Regierung mit einbinden.
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg glaubt nicht daran, dass in Afghanistan eine Demokratie nach westlichem Vorbild entstehen kann. «Ich bin schon länger zu der Überzeugung gelangt, dass Afghanistan gerade wegen seiner Geschichte und seiner Prägung sich nicht als Vorzeige-Demokratie nach unseren Maßstäben eignet», sagte er der «Bild am Sonntag».
Der CSU-Politiker schloss eine Regierungsbeteiligung gemäßigter Taliban nicht aus. Man könne in einem Land mit einer so großen regionalen Vielfalt nicht einen ganzen Volksstamm wie die Paschtunen außen vor lassen, wenn es um tragfähige Lösungen für die Zukunft gehe. «Gespräche und eine Einbindung dürfen freilich nicht ohne Bedingungen vorgenommen werden», betonte Guttenberg aber. «Inakzeptabel wäre der Gedanke etwa, wenn universell geltende Menschenrechte unmittelbar ausgehebelt würden.»
Video mit US-Soldat
Guttenberg räumte ein, dass er in der Vergangenheit zur Einbeziehung der Taliban eine gegenteilige Auffassung vertreten habe. «Wir müssen allerdings eine Vielzahl von auch steinigen Wegen beschreiten, um den momentanen Realitäten in Afghanistan gerecht zu werden», begründete er seinen Sinneswandel. Unterdessen haben die Taliban erneut Videoaufnahmen eines vor fast einem halben Jahr in Afghanistan verschleppten US-Soldaten in Umlauf gebracht. Der junge Mann verurteilt darauf den Krieg in Afghanistan und die Beziehungen der USA zu den Muslimen. Ein Sprecher der Islamisten fordert anschließend die Freilassung mehrere Häftlinge im Austausch für den Soldaten, außerdem droht er mit der Verschleppung weiterer Amerikaner in Afghanistan. Das Video wurde am Freitag veröffentlicht. Bereits im Juli war der Vermisste auf Aufnahmen der Taliban zu sehen. Der damals 23-jährige Soldat wurde am 30. Juni in der östlichen Provinz Paktika entführt. In Südafghanistan kam nach Nato-Angaben am Freitag ein US-Soldat bei einem Bombenanschlag ums Leben. Bei einem Militäreinsatz in der Provinz Wardak südlich von Kabul wurde am Samstag ein Taliban-Kommandeur getötet, der für die Planung von Anschlägen verantwortlich gewesen sein soll. Der schwer bewaffnete Extremist habe sich in einer Moschee verschanzt und sei von afghanischen Soldaten erschossen worden, teilte die Nato mit. (AP/nz)