Günther Oettinger über Gerhard Schröder und Russland: Weitere Sanktionen nicht angebracht

Günther Oettinger spricht über Russland, Gerhard Schröder und mögliche Einnahmen für die EU.
von  Detlef Drewes
Seit Jahren in der EU-Politik unterwegs: Günther Oettinger.
Seit Jahren in der EU-Politik unterwegs: Günther Oettinger. © dpa/Julien Warnand

AZ: Herr Oettinger, Sie haben immer wieder betont, dass die EU mehr Einnahmen braucht. Mit der Plastiksteuer, die Sie wollen, stoßen Sie aber nicht auf viel Gegenliebe. Hat die Abgabe noch eine Chance?
GÜNTHER OETTINGER:
Es geht nicht um die Plastiksteuer alleine. Meine Fachleute, aber auch andere Experten haben einen Katalog von Maßnahmen erstellt, der zehn Punkte umfasst, von denen ich zwei oder drei als machbar ansehe. Bisher ist es ja so: Zehn Prozent der Einnahmen der EU stammen aus Zöllen, weitere zehn Prozent aus Anteilen an der nationalen Umsatzsteuer sowie weitere nicht kalkulierbare Einnahmen wie Bußgelder aus Kartellverfahren. Der Rest sind Beiträge der Mitgliedstaaten. Ich würde gerne diese Abhängigkeit von den Etats der Länder etwas lösen, um die Staaten zu entlasten, aber gleichzeitig sichere Einnahmen zu generieren. Dabei kann eine Abgabe auf Plastik ein sinnvolles Instrument sein.

Trotzdem müssen Sie sparen. Wollen Sie dieses Interview nutzen, um den deutschen Bauern, den Bürgermeistern, den Vereinen zu sagen, dass sie künftig deutlich weniger Geld aus Brüssel bekommen?

Daraus mache ich kein Geheimnis. Das wird so sein. Die Briten waren einer der großen Beitragszahler, ihr Austritt hinterlässt eine Lücke von zwölf bis 13 Milliarden Euro im Jahr. Das kann ich nicht zu 100 Prozent mit höheren Einnahmen auffangen. Deshalb müssen wir die Hälfte der Summe einsparen, die andere Hälfte durch mehr Geld auffangen. Ich will aber auch sagen: Wenn wir den Schutz der Außengrenzen ausbauen, in die Verteidigungsunion investieren und weitere Aufgaben in Europa übernehmen, entlasten wir die Mitgliedstaaten. Das sollten die bedenken, die heute höhere Beiträge ablehnen.

Die Wut gegen Russland ist Braucht es schärfere Sanktionen?
Die Strafmaßnahmen wurden wegen der Annexion der Krim und des Ostukraine-Konfliktes erlassen. Ich halte weitere Sanktionen für derzeit nicht angebracht. Allerdings halte ich einen stufenweisen Abbau zum jetzigen Zeitpunkt, wie ihn der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel vorgeschlagen hat, auch für falsch.

Sollte Schröder in Strafmaßnahmen einbezogen werden?

Die bisherigen Sanktionen richten sich vor allem gegen russische Führungspersönlichkeiten. Es gibt Forderungen, nun auch den Rosneft-Aufsichtsratschef und früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder in die Strafmaßnahmen einzubeziehen. Ist das der richtige Zeitpunkt dafür?
Aus guten Gründen hat die EU bei ihren Sanktionen Teile des Energiesektors ausgenommen. Denn Gas und Öl sind für beide Seiten lebenswichtige und deshalb sensible Produkte. Das halte ich für richtig und würde deshalb davor warnen, diesen wirtschaftlichen Bereich in irgendwelche politischen Strafmaßnahmen einzubeziehen. Interview: Detlef Drewes

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