"Guardian": Britischer Geheimdienst sichtet weltweites Internet
London - Der britische Geheimdienst übertrifft nach einem Bericht des "Guardian" sogar alle amerikanische Spionageagenturen.
Wie das Blatt berichtet, hat sich der Geheimdienst GCHQ (Government Communications Headquarters) Zugang zum weltweiten Internet beschafft und schöpft dort "Unmengen von Daten" ab, die dann wiederum mit den US-Partnern von der NSA (National Security Agency) geteilt würden. Neben E-Mails, Einträgen im sozialen Netzwerk Facebook oder auch Telefongesprächen würden auch persönliche Informationen der Nutzer gespeichert und analysiert.
Die Informationen des "Guardian" vom Freitag stammen von dem Amerikaner Edward Snowden, der erst vor kurzem Details über "Prism", das Überwachungsprogramm der NSA, an die Öffentlichkeit gebracht hat. Das britische Spionageprogramm "Tempora", das nach dieser Darstellung noch umfangreicher als das amerikanische sein soll, ist seit eineinhalb Jahren in Betrieb. GCHQ habe es geschafft, schreibt das Blatt weiter, zur Beschaffung der Informationen zahlreiche Internetknotenpunkte anzuzapfen.
Nach Snowdens Worten wollte er "das größte unauffällige Überwachungsprogramm in der Geschichte der Menschheit" aufdecken. "Es ist nicht nur ein US-Problem", zitierte ihn der "Guardian". Auch Großbritannien habe "einen großen Hund im Rennen". GCHQ sei "schlimmer als die US(Kollegen)".
Snowden hatte Informationen zu Überwachungs-Programmen des US-Geheimdienstes NSA an die Medien gegeben und war nach Hongkong geflohen. Er fürchtet eine Verfolgung durch die US-Behörden. Nach Angaben eines mit der Enthüllungsplattform Wikileaks verbundenen isländischen Geschäftsmannes steht in Hongkong ein Flugzeug bereit, das Snowden nach Island fliegen könnte. Man warte nun auf ein positives Signal von der isländischen Regierung, sagte der Geschäftsmann Olafur Vignir Sigurvinsson am Freitag.
Die isländische Regierung reagiert zurückhaltend auf Hinweise, nach denen Snowden in dem Land Schutz suchen will. Sie beharrt darauf, dass der 29-Jährige nur in Island selbst politisches Asyl beantragen kann. Die Innenministerin des Landes, Hanna Birna Kristjánsdóttir, sagte der dpa: "Das Gesetz gilt für alle gleich. Wer in Island um Asyl ersucht, muss sich im Land aufhalten und den Antrag persönlich stellen." Bislang habe das Innenministerium keinen formalen Antrag bezüglich des Falles von Snowden bekommen.
In den USA wurden unterdessen nach Medienberichten vom Freitagabend (Ortszeit) Anklage gegen Snowden in zwei Punkten erhoben: Spionage und Diebstahl von Regierungseigentum. Nach Angaben von NBC hatten sich die Anklagebehörden für den Auslieferungsantrag knapp zwei Wochen Zeit genommen, da die Justiz in Hongkong hohe Hürden stellt.