Grüne wollen Wohlhabende dauerhaft zur Kasse bitten
Die Grünen wollen Wohlhabende dauerhaft höher besteuern. Das sehen Anträge vor, die dem Grünen-Parteitag in Kiel am Samstag zum Beschluss vorlagen. Dazu gehören eine Vermögensabgabe und ein höherer Spitzensteuersatz.
Kiel - Im Mittelpunkt der Beratungen stehe die Debatte über die Finanzpolitik, sagte Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke. Zudem sollen Leitplanken für einen ökologischen Umbau der Wirtschaft beschlossen werden.
Am späten Freitagabend hatten die Grünen überraschend eine neue Verfassung für Deutschland gefordert. Damit wollen sie eine engere Europäische Union und eine gemeinsame Wirtschaftsregierung als Antwort auf die Euro-Krise im Grundgesetz verankern. "Ich glaube, dass die Konzentration auf die Konzepte und Lösungen für die aktuellen Krisen zeigen, dass die Grünen Antworten geben", sagte Lemke.
Am Samstagmorgen wandten sich die Grünen zunächst gegen Waffenexporte. Es müsse klargestellt werden, dass durch Rüstungsexporte keine Menschenrechtsverletzungen unterstützt werden, sagte der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele vor den rund 800 Delegierten.
In der Steuerpolitik will der Parteivorstand, dass Reiche per befristeter Vermögensabgabe mit 100 Milliarden Euro über zehn Jahre zur Kasse gebeten werden. Die Abgabe würde dem Bund zufließen. Landesverbände hatten die Wiedereinführung einer dauerhaften Vermögenssteuer zugunsten der Länder gefordert, die ebenfalls jährlich bis zu 10 Milliarden Euro bringen soll. Dem Kompromiss, der den Delegierten vorgelegt werden soll, sieht vor, dass die Vermögenssteuer nach dem Auslaufen der Abgabe kommen soll.
Zudem wollen die Grünen den Spitzensteuersatz erhöhen. Laut Bundesvorstand sollen ab einem Einkommen von 80 000 Euro nicht mehr 42, sondern 49 Prozent greifen. Abgestimmt wird laut Lemke darüber, ob dies schon bei 68 000 Euro greifen soll. Zur Abstimmung steht auch ein Antrag der Grünen Jugend, in dem festgehalten wird: "Wir wollen den Spitzensteuersatz auf 53 Prozent (...) und damit auf das Niveau von 1999 anheben."
Abgestimmt werden soll unter anderem auch über Forderungen der Basis und Partei-Fachpolitikern nach einer Abschaffung aller Ermäßigungen bei der Mehrwertsteuer sowie über Deutschlandbonds. Diese sollen ermöglichen, dass Bund und Länder nicht mehr unterschiedliche Anleihen mit höheren Zinsen für die Länder ausgeben müssen.
Weitere Kontroversen über die künftige Verteilung der Finanzen zwischen Kommunen, Ländern, Bund und EU sollen in eine Kommission überwiesen werden, sagte Lemke. Erst ein kommender Parteitag werde darüber befinden.
Vor dem Hintergrund der Euro-Krise fordern die Grünen eine verfassunggebende Versammlung. Sie soll anlässlich der notwendigen EU-Vertragsreform ein neues Grundgesetz ausarbeiten. Weiter setzten sich die Grünen für eine demokratische Reform der EU und eine stärkere Kontrolle der Finanzmärkte ein. Das Europaparlament müsse gestärkt, die EU-Kommission zur Wirtschaftsregierung aufgewertet werden, beschlossen die Grünen am Freitagabend.