Grüne wollen Konsequenzen aus turbulenten Tagen ziehen

Die Rolle der Grünen ist nun klar: Die Partei landet in der Opposition. Trotzdem will sie sich nicht weiteren Gesprächen mit der Union verweigern, sollte die große Koalition nicht zustande kommen.
von  dpa

Berlin - Die Grünen wollen sich als Reaktion auf die verlorene Bundestagswahl neuen Bündnissen öffnen. Trotz eines klaren Oppositionskurses will sich der noch amtierende Parteivorstand möglichen weiteren Gesprächen mit der Union nicht verweigern, falls eine große Koalition nicht zustandekommt.

Für diese Linie will die Spitze auf dem ersten großen Grünen-Parteitag nach der Wahl bei der Basis werben. Am Nachmittag kommen rund 800 Delegierte dazu für drei Tage in Berlin zusammen.

"Wir können nicht dran vorbeidiskutieren, dass wir drei Mal mit der SPD regieren wollten und es drei Mal nicht geklappt hat", sagte Parteichef Cem Özdemir der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Nach dem Stand der Dinge landen die Grünen wieder in der Opposition. "Aber grüne Inhalte werden am besten durch Grüne in der Regierung umgesetzt." Es wäre absurd, wenn die Grünen nicht auch offen gegenüber Union und Linkspartei wären. Es zählten die Inhalte.

Özdemir rechnet fest mit einem Zustandekommen von Schwarz-Rot. "Ich gehe davon aus, dass nicht nur der SPD-Konvent, sondern auch der -Mitgliederentscheid entsprechend ausgeht", sagte er. Wenn das nicht passieren sollte, würden die Grünen einen Anruf der Union sicher nicht abwimmeln. "Wir werden dann aber auch darauf drängen, dass die SPD ebenfalls einlädt, damit auch die Linkspartei getestet wird, ob sie bereit sind, sich etwa auch auf eine Schuldenbremse einzulassen", sagte er.

Der neue Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach der Linken in ihrer jetzigen Verfassung den Willen zur Regierung ab. "Die Linke hat es sich in der Opposition bequem gemacht. Die ständigen Angebote von Herrn Gysi in Richtung SPD und Grüne kann man leider nicht ernst nehmen", sagte er den "Kieler Nachrichten". Die Linke knüpfe ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit an Bedingungen, die offenkundig unerfüllbar sind. "In Wirklichkeit will sie gar nicht regieren und scheut die Verantwortung."

Am Samstag wollen die Delegierten den Vorstand und den Parteirat neu wählen. Die Führung hatte nach der Wahlniederlage vorzeitig ihren Rückzug angekündigt. Özdemir stellt sich erneut zur Wahl, muss sich aber auf ein schlechteres Ergebnis als die 83,3 Prozent von 2012 einstellen. Die Co-Vorsitzende Claudia Roth wechselt auf den Platz der Bundestagsvizepräsidentin. Ihr nachfolgen soll die ehemalige saarländische Umweltministerin Simone Peter. Gegenkandidaten gibt es nicht. Als künftiger Bundesgeschäftsführer steht Michael Kellner bereit, der auf Steffi Lemke folgen will.

In der Frage der künftigen Ausrichtung dürfte es allerhand Differenzen geben. Linke Grüne von der Basis haben einen Antrag eingebracht, nach dem die Grünen SPD und Linke zu Sondierungsverhandlungen über die Bildung einer Koalition einladen sollen. Eine anderer Antrag fordert: "Keine Koalition mit der CDU". Der Mahnung etwa von Lemke und Kellner, nun nicht alles in der Partei auf den Kopf zu stellen, widerspricht ein Antrag, der ein neues Grundsatzprogramm fordert.

Zum Abschluss am Sonntag wollen die Grünen ihre Europapolitik diskutieren und verschiedene inhaltliche Anträge behandeln.

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