Grüne Realos rechnen mit Jürgen Trittin ab

Beim kleinen Parteitag sortieren sich die Grünen und kritisieren den Spitzenkandidaten. Die Forderungen für eine schwarz-grüne Koaltion stehen fest.
von  mab

Beim kleinen Parteitag sortieren sich die Grünen und kritisieren den Spitzenkandidaten. Die Forderungen für eine schwarz-grüne Koalition stehen fest.

Berlin - Giftgrüne Stimmung auf dem kleinen Parteitag in Berlin. Nach dem Wahldebakel suchen die Grünen die Gründe für die verlorenen Prozente bei der Bundestagswahl. Für die Realos ist der Schuldige gefunden: Vor allem Spitzenkandidat Jürgen Trittin soll mit seinen Steuererhöhungsplänen die Wähler vergrault haben.

Doch der Angegriffene glaubt weiterhin, dass das Wahlprogramm der Partei „nicht zu links“ war. Die Grünen hätten in der Steuerfrage die „Änderungsbereitschaft“ der Menschen überschätzt, erklärt Trittin. Und eben auch die „Zahl der Gegner“ unterschätzt. Wirtschaftsverbände hätten zum Klassenkampf gegen die Grünen aufgerufen und somit das miese Wahlergebnis verursacht. Als der Noch-Fraktionschef das sagt, platzt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer der Kragen: „Wir sind schuld, nicht die anderen“, wirft der Realo Trittin entgegen. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann rechnet mit Trittin ab: „Man muss auch offen sein, sich einmal belehren zu lassen und nicht selber zu belehren“, sagte er.

Abseits der hitzigen Debatte zeichnet sich die künftige Führungsriege der Grünen ab. Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke macht einen Rückzieher, deshalb ist der Weg frei für die Parteilinke und Ex-Saar-Umweltministerin Simone Peter als Nachfolgerin von Parteichefin Claudia Roth. Co-Parteichef Cem Özdemir will für die Doppelspitze beim kommenden Parteitag am 19. und 20. Oktober wieder antreten.

Als Nachfolger Trittins soll Anton Hofreiter die Bundestagsfraktion führen – gemeinsam mit einer Vertreterin des Realo-Flügels: Kerstin Andreae oder Katrin Göring-Eckardt – beide konkurrieren um den Posten. Und auch das ist nach dem kleinen Parteitag klar: Es soll Sondierungsgespräche mit der Union über eine schwarz-grüne Koalition im Bund geben. Dafür sprachen sich die rund 90 Delegierten aus.

Jürgen Trittin präsentierte gegenüber dem „Spiegel“ bereits den grünen Forderungskatalog. Auf der Liste stehen unter anderem zehn Milliarden Mehrausgaben für Bildung, einen Ausbauplan für die erneuerbare Energien, ein Mindestlohn, der Einstieg in eine Bürgerversicherung und die Abschaffung des Betreuungsgeldes. „Wir werden uns nicht auf einige wenige Punkte reduzieren lassen“, warnte Trittin die Union.

 

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