Grüne legen sich zum Atomausstieg fest
Berlin - "Wenn man sich genau anschaut, was zur Abstimmung steht, dann sind das Punkte, zu denen die Grünen eigentlich nicht Nein sagen können", sagte Roth der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.
Drei Gegenanträge und Dutzende Änderungsanträge dokumentieren den starken Widerstand in der Partei. Der Ausgang ist völlig offen. Kritik an der Haltung der Grünen-Spitze kommt auch aus Umweltverbänden, die sich einen schnelleren Atomausstieg wünschen.
Für Roth ist zentral, "die Laufzeitverlängerung, die die schwarz-gelbe Atomlobby-Regierung beschlossen hat, wieder zurückzunehmen". Für die Abschaltung der sieben ältesten Reaktoren plus Krümmel seien die Grünen auf die Straße gegangen. "Und es soll einen schrittweisen Ausstieg geben und nicht ein zehnjähriges Ausstiegsmoratorium, was die Bundesregierung ursprünglich wollte."
Roth mahnte die Basis, keine weitreichenden Bedingungen für eine Zustimmung zu stellen. "Ich werde nicht für einen Beschluss eintreten, der ein konditioniertes Ja beinhaltet, wissend dass die Bedingungen für das Ja bis zum Donnerstag gar nicht mehr zu erfüllen sind." Dann stimmt der Bundestag über die Atomgesetznovelle und weitere Gesetze zur Energiewende ab. Zahlreiche Anträge für den Konvent wollen eine Zustimmung zum Atomausstieg an Verbesserungen unter anderem bei der Sicherheit der AKW knüpfen. Roth kritisierte, solche Änderungsanträge liefen auf "ein kaschiertes Nein" heraus.
Einen Blankoscheck beinhalte eine Zustimmung nicht. "Wir kämpfen natürlich auf anderen Ebenen darum, dass die Verschlechterungen bei den Sicherheitsstandards, die die schwarz-gelbe Regierung vorgenommen hat, wieder verschwinden", kündigte Roth an. "Dagegen klagt die Bundestagsfraktion beim Bundesverfassungsgericht."
Auch für Grünenfraktionschefin Renate Künast ist das Thema Atomausstieg mit einem Ja ihrer Partei zu den Regierungsplänen "keineswegs abgehakt". Die Grünen hielten einen Ausstieg bis 2017 weiterhin für grundsätzlich möglich, sagte sie der "Passauer Neuen Presse". "Trotzdem werden wir nicht nein sagen, wenn die schwarz-gelbe Laufzeitverlängerung zurückgenommen wird und acht Atomkraftwerke sofort stillgelegt werden."
Dagegen schrieb Greenpeace-Geschäftsführerin Brigitte Behrens in einem Beitrag für die "Tageszeitung" ("taz"), es gebe keinen Grund, "diesem unverantwortlich langsamen Ausstieg zuzustimmen". Der Grünen-Länderrat habe vor drei Monaten beschlossen, das Atomzeitalter in der kommenden Wahlperiode endgültig zu beenden. Dem widerspreche die Empfehlung der Parteispitze, dem Zeitplan der Bundesregierung zuzustimmen. "Sechs der acht restlichen Reaktoren will Frau Merkel sogar noch in der überübernächsten Legislatur laufen lassen, bis 2022 endlich Schluss sein soll."
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland rief die Grünen-Basis auf, den Ausstiegsplan der Bundesregierung abzulehnen. BUND-Vizechefin Ulrike Mehl schrieb in der "taz", die Grünen hätten 2011 für sich erkannt, dass der Ausstieg sowohl technisch wie auch politisch bis 2017 umsetzbar sei. "Wenn das nicht nur politisches Säbelrasseln war, dann gibt es keinen Grund dafür, dass die Grünen sich auf das CDU-Laufzeitende 2022 einlassen."
Vor Beginn des Parteitages wollen Anti-Atom-Initiativen und Umweltverbände mit einer Demonstration für ein Nein bei den Grünen werben, wie der Anti-Atom-Aktivist Jochen Stay ankündigte. Scharf wandte sich Roth gegen die Warnung Stays, bei einer Zustimmung seien die Grünen nicht mehr Teil der Anti-Atom-Bewegung: "Wir lassen uns doch nicht exkommunizieren." Alle Grünen hätten gegen AKW gekämpft oder mit dem Thema zu tun. "Die Grünen sind fester Bestandteil der Anti-AKW-Bewegung."
Nach einer Redeschlacht, die auf rund fünf Stunden angesetzt ist, stehen die bis zu 819 Delegierten vor einer Reihe von Abstimmungen. Zunächst wird darüber entschieden, ob der Vorstandsantrag der Leitantrag des Parteitags wird. Selbst wenn die Führung diese Hürde nimmt, ist ein Ja zum Atomausstieg nicht sicher. Denn dann wird über die Änderungsanträge abgestimmt.