Großteil der Opposition will Papst-Rede boykottieren
Berlin - Linke-Chefin Gesine Lötzsch geht davon aus, dass die Hälfte ihrer Fraktion der Sitzung fernbleiben wird. In der SPD rechnet man damit, dass jeder vierte der 146 Parlamentarier nicht kommt. Von den Grünen könnte jeder dritte fehlen.
Die Zahl der abwesenden Abgeordneten würde sich damit auf rund 100 summieren. Die leeren Stühle sollen aber mit Ersatzleuten gefüllt werden. Die CSU warf den Boykotteuren "intolerantes Verhalten" vor.
Papst Benedikt XVI. wird am 22. September vor dem Bundestag reden. Die Linksfraktion will auf Proteste gegen das Kirchenoberhaupt im Plenarsaal verzichten. "Ich gehe davon aus, dass sich alle daran halten werden", sagte Lötzsch der Nachrichtenagentur dpa. Jedem Abgeordneten ist es aber freigestellt, der Sitzung fernzubleiben. Viele Linke wollen stattdessen an der Gegendemonstration teilnehmen, zu der 20 000 Menschen erwartet werden. Der Fraktionsvorstand und die Parteivorsitzenden würden an der Bundestagssitzung mit dem Papst aber teilnehmen, betonte Lötzsch. Dies sei ein "Gebot der Höflichkeit".
Kritiker der Rede von Benedikt XVI. sagen, als Oberhaupt der Katholiken dürfe der Papst nicht im Bundestag reden. Sie halten den Auftritt mit der religiösen Neutralität des Staates für unvereinbar. Die Befürworter entgegnen, der Papst sei als Staatsoberhaupt des Vatikan im Rahmen seines Staatsbesuchs eingeladen worden. Alle Fraktionen haben sich darauf verständigt, leere Plätze ehemaligen Abgeordneten zur Verfügung zu stellen. Dazu wurde bereits eingeladen.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt warf den Boykotteuren mangelnden Respekt vor. "Die Linke beweist einmal mehr, dass ihr Mittel der Straßenkampf ist und nicht die besonnene Auseinandersetzung mit Argumenten", meinte sie. Verbraucherministerin Ilse Aigner nannte das Verhalten der Linken geschmacklos. Es zeige "die wahre Intoleranz und Heuchelei" der Partei, sagte die CSU-Politikerin der "Rheinischen Post" (Mittwoch). Der Sprecher der Linksfraktion, Hendrik Thalheim, entgegnete, die Meinungsfreiheit in Deutschland schließe auch Kritik an der Katholischen Kirche ein.
Der ehemalige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel verteidigte die Papst-Rede im Bundestag. "Er kommt ja nicht ungebeten, sondern alle Fraktionen haben zugestimmt", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". Benedikt ist vom 22. bis 25. September in Deutschland. Neben Berlin stehen Besuche in Erfurt und Freiburg auf seinem Programm.