Große Probe-Koalition
"Sind die Länderchefs weiter als Bundeskanzlerin Angela Merkel?" Die AZ-Redakteurin Annette Zoch über das Machtegefüge im Bundesrat.
Die Kanzlerin ist sauer. Der Bundesrats-Vorstoß, bei dem zwei Unions-Ministerpräsidenten gemeinsam mit SPD und Grünen für die Frauenquote stimmten, bringt ihre Koalition in Zugzwang. Ihre Regierung ist nahezu machtlos. Seit der NRW-Wahl ist die Mehrheit in der Länderkammer dahin. Der Koalitionspartner FDP versucht seit Monaten, sich irgendwie aus dem Umfragen-Wachkoma herauszukämpfen.
Bei allen wichtigen Themen legt Schwarz-Gelb die Hände in den Schoß. Und schon steht ein neues Konfliktthema im Bundesrat an: die Entscheidung für einen gesetzlichen Mindestlohn. Wieder ist hier eine CDU-Ministerpräsidentin, Christine Lieberknecht aus Thüringen, mit Unterstützung der Sozialdemokraten vorgeprescht. Der Bundesrat übt schon mal große Koalition – das Regierungsbündnis, das sich auch die Deutschen derzeit mehrheitlich wünschen. Sind die Länderchefs weiter als Bundeskanzlerin Angela Merkel?
Merkel wäre nicht Merkel, wenn sie nicht insgeheim auch mit dieser Option rechnen würde. Sie weiß genau: Mit der FDP ist auf Dauer nicht zu rechnen. Tatsächlich sind die inhaltlichen Überschneidungen mit der SPD inzwischen fast größer. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter an der Macht bleiben will, bleibt ihr als Regierungspartner nur die SPD. Das wäre nicht das schlechteste. Für sie selbst, aber auch für ganz Deutschland, war Merkels erste Legislaturperiode deutlich erfolgreicher als das zähe Schwarz-Gelb-Gewürge der letzten drei Jahre.