Groko Klausurtagung auf Schloss Meseberg: Das sind die Konfliktpunkte

Das GroKo-Kabinett geht in Klausur, heikle Themen gibt es reichlich zu besprechen. Die Knackpunkte der Koalition.
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Schloss Meseberg, gut 60 Kilometer nördlich von Berlin, wurde 1736 von einem Grafen erbaut. Ab heute sollen die Großkoalitionäre der Kanzlerin dort zueinanderfinden.
dpa Schloss Meseberg, gut 60 Kilometer nördlich von Berlin, wurde 1736 von einem Grafen erbaut. Ab heute sollen die Großkoalitionäre der Kanzlerin dort zueinanderfinden.

Meseberg - Das kann ja heiter werden: Seit Tagen liefern sich Union und SPD eine verbale Schlammschlacht um den Familiennachzug von Flüchtlingen, Hartz IV, die Islam-Äußerungen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sowie die ressortfremden Einlassungen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) - und ab heute soll das gesamte GroKo-Kabinett zwei Tage und eine Nacht gemeinsam unter einem Dach verbringen: Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lädt zur Klausur ins Gästehaus der Bundesregierung, Schloss Meseberg in Brandenburg.

Im Vorfeld geben sich sowohl CSU als auch SPD eisern, vor allem beim Familiennachzug: Man werde auf seiner Position bestehen, heißt es aus beiden Lagern.

Die Christdemokraten hingegen drängen zur Arbeit. CDU-Vize Armin Laschet sagte gestern, er erwarte von der Klausur, "dass die Bundesregierung jetzt einen Zeitplan vorlegt, wann sie was umsetzt".

Jedes Ressort habe klare Arbeitsvorgaben, ergänzte Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Diese müssten nun umgesetzt werden.

Und es gibt viel zu tun. Ein Überblick über die heikelsten Themen:

Geld: Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) weiß, was er will. Deshalb werden es die einzelnen Ressortchefs mit Sonderwünschen für ihre jeweiligen Etats schwer haben. Der Finanzminister will bis Ende April den Entwurf für den neuen Bundeshaushalt vorlegen - ohne neue Schulden, die "Schwarze Null" soll stehen.

Und Scholz will sogar schaffen, was Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) noch nicht gelungen war: Der Anteil der Staatsschulden am Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll erstmals wieder unter die in den EU-Verträgen vorgeschriebene Marke von 60 Prozent sinken. 2017 verringerten sich die Schulden schon stark, die berühmte Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes läuft nun rückwärts.

Diesel: Die grundsätzliche Linie der Bundesregierung ist klar: Sie will Fahrverbote für Dieselfahrzeuge unbedingt vermeiden, ebenso wie eine blaue Plakette, die viele Diesel von der Fahrt in bestimmte Innenstädte ausschließen würde.

Darum geht es nun um technische Nachrüstungen älterer Diesel, sogenannte Hardware-Lösungen, um den Ausstoß zu verringern. Die Autobranche lehnt das bisher ab. In der SPD gibt es Forderungen, die Autoindustrie müsse zu Nachrüstungen verpflichtet werden.

Laut Spiegel erwägt die Bundesregierung einen milliardenschweren Fonds, um einen Teil der Dieselflotte umzurüsten. Die Automobilkonzerne sollten fünf Milliarden Euro einzahlen, die Regierung würde weiteres Geld zuschießen.

Flüchtlinge: Horst Seehofer macht Tempo, gibt den Hardliner. Bis zum Sommer soll sein "Masterplan für Migration" mit konsequenteren Abschiebungen und schnelleren Asylverfahren im Kabinett vorliegen. Im September oder Oktober sollen dann bis zu fünf Zentren für Migranten, in denen das gesamte Asylverfahren abgewickelt wird, fertig sein.

Für Ärger sorgt aktuell ein alter Streitpunkt aus den Koalitionsverhandlungen. Ein Gesetzentwurf zum Familiennachzug für Flüchtlinge sieht strenge Kriterien für die Auswahl von maximal 1.000 Angehörigen pro Monat vor. Die SPD hat Redebedarf, sie mutmaßt, Seehofer wolle das Monatskontingent auf unter 1.000 drücken.

Kommissionen: Zwei Kommissionen müssen rasch gebildet werden - sie stehen für wichtige Vorhaben der Regierung. Und sie bergen enormen Zündstoff. Die Kohle-Kommission soll noch in diesem Jahr ein Enddatum für den Kohleausstieg benennen, die finanzielle Absicherung des Strukturwandels in Kohleregionen klären und zusätzliche Klimaschutz-Maßnahmen festlegen.

Die Mobilitäts-Kommission soll bis Anfang 2019 eine Strategie erarbeiten, wie künftig eine bezahlbare und nachhaltige Mobilität aussehen kann.


AZ-Kommentar: Es reicht!

Nachrichten-Chefin Natalie Kettinger über die Querelen in der GroKo.

Es hat zähe 170 Tage gedauert, bis diese Große Koalition zustande kam – eine gefühlte Ewigkeit und ein Ärgernis für viele Bürger.

Am 14. März leisteten die 16 Mitglieder der neuen Bundesregierung ihren Amtseid. "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen", heißt es darin, "meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde". Bislang ist das ein leeres Versprechen.

Was hat das neue Kabinett nach knapp einem Monat vorzuweisen? Nichts – außer pubertärem Profilierungsgehabe, verbalen Scharmützeln und anachronistischen Debatten über Abtreibungsrecht sowie den Islam.

Zu gerne möchte man eine Whatsapp-Message nach Meseberg schicken: "Es reicht! Dafür haben wir Euch nicht gewählt! Fangt endlich an zu regieren, nehmt Euch die Zukunft vor: Arbeit, Rente, Pflege, Mobilität! Es gibt genug zu tun!"

Doch vermutlich würde die Nachricht in einem der zahlreichen Funklöcher Deutschlands verenden.

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