Griechenland muss Rückführung vorerst stoppen

Die Rückführung von Migranten aus Griechenland in die Türkei wurde am Dienstag vorerst gestoppt. Grund dafür sind zahlreich gestellte Asylanträge der Flüchtlinge, die zuerst im Schnellverfahren bearbeitet werden müssen.
dpa/az |
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Das Flüchtlingslager im nordgriechischen Idomeni soll bis zum Wochenende geräumt werden. Foto: Armando Babani
dpa Das Flüchtlingslager im nordgriechischen Idomeni soll bis zum Wochenende geräumt werden. Foto: Armando Babani

Athen/Chios - Einen Tag nach der Rückführung von gut 200 Migranten aus Griechenland in die Türkei herrschte Ruhe in den Häfen der griechischen Inseln Lesbos und Chios. "Offenbar wird es heute keine neuen Rückführungen geben", berichtete ein Reporter des Staatsfernsehens (ERT) von der Insel Chios.

Dies gelte auch für Lesbos, berichtete eine Reporterin der dpa. Der Flüchtlingszustrom dauerte - wenn auch etwas abgeschwächt - an: Innerhalb von 24 Stunden hätten 225 neue Asylsuchende vom türkischen Festland auf griechische Inseln übergesetzt, teilte der griechische Stab für die Flüchtlingskrise am Dienstag mit. Am Vortag waren 339 Menschen angekommen.

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Flüchtlinge stellen Asylanträge

 

Als Grund für den vorläufigen Stopp der Rückführungen nannte die Regionalgouverneurin der Inseln der Nordägäis, Christiana Kalogirou, das veränderte Verhalten der Flüchtlinge: Fast alle hätten nun Asylanträge gestellt, sagte sie ERT. Zuvor hatten viele Menschen nur nach Mitteleuropa weiterreisen wollen und auf Asylanträge verzichtet.

Es werde mehrere Tage dauern, bis die Asylanträge im Schnellverfahren bearbeitet seien, sagte Kalogirou. Erst dann könnten Menschen, deren Anträge abgelehnt wurden, in die Türkei ausgewiesen werden. Zudem fehlen weiterhin Asylentscheider. Das bestätigte die Sprecherin des Flüchtlingshilfswerks UNHCR Katerina Kitidi der dpa.

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Rückführung von 66 Migranten ohne Asylrecht

 

Örtliche Medien berichteten, etwa 100 Migranten ohne Chance auf Asyl seien auf der Insel untergetaucht. "Sie sind Migranten ohne Asylrecht und waren am Freitag aus dem Lager ausgebrochen", sagte ein Reporter dem Athener Nachrichtensender Skai. Die überwiegend aus Afghanistan stammenden Migranten wollten einer Festnahme und Rückführung in die Türkei entkommen, hieß es.

Die Polizei dementierte die Angaben. Am Vortag hatten die Küstenwache und die Europäische Grenzagentur 66 Migranten ohne Asylrecht aus Chios in die Türkei gebracht.

In den improvisierten Lagern von Idomeni und Piräus herrschen weiterhin miserable Zustände. Immer wieder kommt es zu Tumulten zwischen Migranten. Es sei dreckig, es gebe wenig zu essen und kein fließendes Wasser, berichtete Mitarbeiter humanitärer Organisationen.

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Widersprechen Aktivisten der Regierung?

 

Die Regierung versucht, die beiden Lager gewaltfrei zu räumen. Die Migranten wurden dem ERT zufolge erneut in arabischer Sprache aufgefordert, mit bereitgestellten Bussen in die offiziellen Auffanglager zu fahren. Reporter berichteten jedoch, Aktivisten rieten den Flüchtlingen, den Aufforderungen nicht zu folgen.

Im Überseehafen Piräus leben noch knapp 5000, in Idomeni etwa 12.000 Migranten. Bisher sind nur wenige bereit, sich innerhalb Griechenlands umsiedeln zu lassen. Aktivisten und Helfer kleinerer Hilfsorganisationen bestärken sie darin. Als Grund nennen einige Aktivisten, nur wenn die Migranten zusammen blieben und die Welt ihr Elend sehe, könnten sie nach Mitteleuropa weiterreisen.

Lesen Sie hier: Flüchtlinge brechen aus griechischem Lager aus

 

Finanzielle Verluste bei griechischen Eisenbahnen und Unternehmen

 

Auch viele Einwohner sind mit der Geduld und den Nerven vor allem im Raum Idomeni am Ende. Radikalisierte Migranten sperren die Eisenbahnverbindung nach Mazedonien seit 15 Tagen, um ihrer Forderung nach Öffnung der Grenze Nachdruck zu verleihen. Auch die wichtige Europastraße 75 (E-75) kurz vor dem Grenzübergang nach Mazedonien bei Evzoni wird von Zeit zu Zeit vorübergehend unterbrochen.

Die griechischen Eisenbahnen und wichtige Unternehmen erlitten deswegen täglich Verluste und das mitten in der schweren Finanzkrise, berichtete das Staatsfernsehen. Auch hier sollen Aktivisten die Proteste organisieren, berichteten Reporter vor Ort.

Nach Schätzungen des Krisenstabes sind seit der Schließung der sogenannten Balkanroute gut 52.000 Flüchtlinge und Migranten in Griechenland gestrandet.

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