»Gott verdamme Amerika!«

Schmutziger Wahlkmaof in den USA: Es ist nicht der erste dubiose Freund, von dem sich Barack Obama nun distanzieren muss. Ist Pfarrer Jeremiah Wright ein "Hassprediger"?
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Gab den USA Mitschuld am Terroranschlag vom 11. September 2001: Pfarrer Jeremiah Wright..
az Gab den USA Mitschuld am Terroranschlag vom 11. September 2001: Pfarrer Jeremiah Wright..

Schmutziger Wahlkmaof in den USA: Es ist nicht der erste dubiose Freund, von dem sich Barack Obama nun distanzieren muss. Ist Pfarrer Jeremiah Wright ein "Hassprediger"?

Ist Barack Obamas langjähriger Freund und Pfarrer Jeremiah Wright ein antiamerikanischer „Hassprediger“? Nach einer heftigen Mediendebatte hat sich Obama jetzt von Aussagen des Geistlichen zu einer „Mitschuld“ der USA an den Terroranschlägen vom 11. September 2001 nur mühsam distanzieren können.

Der Hintergrund: Die Wahlschlacht zwischen Barack Obama und Hillary Clinton um die US-Präsidentschaftskandidatur der Demokraten wird jeden Tag härter. Und die Methoden zunehmend subtiler. Eine Arbeitsteilung: Clinton bleibt in ihren Attacken auf den Konkurrenten sachlich – sie soll mit einem Schmutzkübel-Wahlkampf nicht in Verbindung gebracht werden. Auch Obama selbst hat sich bislang seine weiße Weste bewahren können. Dafür aber trudeln bei den wichtigen US-Zeitungen nun immer mehr E-Mails unbedeutender Mitglieder des Clinton-Teams ein, die „zufällig“ auf belastende Fakten über Freunde oder Mitarbeiter Obamas gestoßen sein wollen.

Jüngstes Beispiel eben: Jeremiah Wright, Pfarrer der protestantischen Trinity Church of Christ in Chicago. Er hatte Obama schon getraut und auch dessen Kinder getauft. Von ihm stammt das Zitat „Hoffnung wagen“, das Obama zum Titel seines Erfolgsbuches und zum Slogan seines Wahlkampfes gemacht hat. Das Problem dabei: Wright ist auch ein militanter Bürgerrechtler.

Schon im Januar hatte sich Obama erstmals von Wright distanziert – damals hatten mehrere US-Sender Predigten des Pfarrers aus dem Jahr 2003 ausgegraben, in denen Wright gesagt hatte, dass Amerika den Schwarzen „Drogen gibt und größere Gefängnisse baut und dann will, dass wir ,Gott schütze Amerika’ singen. Nein, nein, nein: Gott verdamme Amerika!“

Direkt hatte er dabei auch die Clintons attackiert, die keine Ahnung von den Problemen der Farbigen in den USA hätten: „Niemand hat je zu Hillary ,Nigger’ gesagt. Bill hat uns um den Finger gewickelt, wie er auch (Monica) Lewinsky um den Finger gewickelt hat.“

Außerdem war damals bekannt geworden, dass Wright zu den Unterstützern von Louis Farrakhan zählt, dem umstrittenen Führer der radikal afro-amerikanischen „Nation of Islam“, der für seine feindlichen Äußerungen über Weiße, Juden und Homosexuelle berüchtigt ist. Doch auch Farrakhan wirbt im derzeitigen Wahlkampf für Obama – nicht unbedingt zu dessen Freude.

Zum Skandal kam es nun, als zuletzt eine Predigt Pfarrer Wrights bekannt wurde, die er am Sonntag nach dem Attentat auf das World Trade Center in New York im September 2001 gehalten hatte. Darin hatte er erklärt, die USA hätten die Anschläge selbst mitverursacht: „Wir haben Bomben auf Nagasaki und Hiroshima geworfen. Wir haben bei weitem mehr Menschen mit Atomwaffen getötet als die Tausende in New York und im Pentagon.“ Und: „Wir haben Staatsterrorismus gegen die Palästinenser und gegen schwarze Südafrikaner unterstützt, und jetzt sind wir entrüstet, weil das, was wir in Übersee getan haben, in unsere Vorgärten getragen wird.“

Obama blieb nur noch die Flucht nach vorn. Am Freitag brach er öffentlich jeden Kontakt zu Wright ab. Der habe einen „Feuersturm ausgelöst“ mit „einigen aufrührerischen und erschreckenden Bemerkungen über unser Land, unsere Politik und meine politischen Gegner“, schrieb Obama in einem Blog im Internet. Diese Aussagen seien „entsetzlich, unakzeptabel und unentschuldbar“. Er selbst lehne jede Aussage ab, „die unser großartiges Land herabsetzt und uns von unseren Verbündeten trennt“. Auch die „Beleidigung einzelner Personen“ habe „keinen Platz in der öffentlichen Debatte“.

Schon mehrfach war Obama über ehemalige Freunde oder Unterstützer in Bedrängnis gekommen. So auch, als seine frühere Verbindung zu dem dubiosen Immobilienhändler Tony Retzko an die Öffentlichkeit gespült worden war. Retzko, der Obama vor Jahren ein Grundstück verdächtig billig hatte zukommen lassen und der auch dessen Karriere großzügig gefördert hatte, steht jetzt wegen des Verdachts auf Betrug und angebliche Schmiergeldzahlungen vor Gericht. Eine Tatsache, die vom Clinton-Lager immer wieder gern genussvoll zum Thema gemacht wird.

Auch vor offensichtlichen Lügen wird in der Anti-Obama-Kampagne nicht Halt gemacht: So wird die Behauptung gestreut, Obama sei früher Muslim gewesen und hätte seinen ersten Amtseid nicht auf die Bibel, sondern auf den Koran abgelegt.

In echte Bedrängnis aber könnten den Kandidaten Obama im Endspurt auf das Weiße Haus Berichte bringen, nach denen Zbigniew Brzezinski zu seinem Beraterstab gehöre. Brzezinski, der schon außenpolitischer Berater mehrerer US-Präsidenten – darunter Jimmy Carter – war, werden stark antisemitische Tendenzen nachgesagt.

Obama beeilte sich festzustellen, dass Brzezinski nur als „informeller“ Berater fungiere und er selbst dessen Ansichten über Israel „überhaupt nicht“ teile. Wieder kein Zufall war es aber wohl, dass diese Informationen über Kanäle aus dem Clinton-Team an die Öffentlichkeit gebracht wurden. Obama „ein Judenfeind“ – das griffen auch die republikanischen Wahlkampfgegner um Senator McCain sofort dankbar auf und starteten im US-Bundesstaat Tennessee sogleich eine Kampagne unter dem Motto „Antisemiten für Obama“.

So eng wie in diesem Jahr war das Rennen bei den Demokraten selten. Viele der Wählergruppen scheinen sich schon festgelegt zu haben: Farbige für Obama, Frauen – vor allem die älteren – für Hillary Clinton. Da könnten bei der Präsidentschaftswahl am 4. November, wenn einer der beiden gegen Senator McCain antreten muss, die Stimmen der Wähler mit jüdischem Hintergrund – rund vier Prozent der US-Amerikaner – durchaus das Zünglein an der Waage bilden. fj

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