Glyphosat muss in die Warteschleife

Die EU-Staaten können sich nicht einigen, ob sie die Zulassung für das Herbizid verlängern. Deutschland blockiert dabei den Durchbruch. Wie es nun weitergeht.
von  Detlef Drewes
Vor einer Woche: Grünen-Politiker und Aktivisten vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
demonstrieren vor dem Bundestag gegen den Einsatz des Pflanzenschutzmittels.
Vor einer Woche: Grünen-Politiker und Aktivisten vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) demonstrieren vor dem Bundestag gegen den Einsatz des Pflanzenschutzmittels. © dpa

Die EU-Staaten können sich nicht einigen, ob sie die Zulassung für das Herbizid verlängern. Deutschland blockiert dabei den Durchbruch. Wie es nun weitergeht.

Brüssel - Nur noch gut sechs Wochen ist der Einsatz von Glyphosat in der EU erlaubt. Dann läuft die derzeitige Zulassung ab. Ob sie verlängert wird, bleibt weiter ungewiss: Am Donnerstag konnten sich die Mitgliedstaaten im zuständigen Ausschuss für Umwelt und Lebensmittelsicherheit nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen.

Diplomaten berichteten nach dem Treffen, es habe „nicht einmal eine Abstimmung“ gegeben, weil die Mehrheitsverhältnisse „in alle Richtungen unklar waren“. „Als wären wir auf dem Jahrmarkt“, werde „mit Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz gefeilscht“, kritisierte die Grünen-Europa-Abgeordnete, Maria Heubuch. Das könnte eine durchaus zutreffende Beschreibung des Ringens hinter verschlossenen Türen sein.

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Notwendig ist eine qualifizierte Mehrheit, was 260 von 352 Stimmen entspricht. Deutschland als bevölkerungsreichstes Mitglied der Union verfügt über 29 Stimmen. Angeblich sprachen sich 19 Länder bereits für eine erneute Zulassung von Glyphosat für neun Jahre aus: zu wenig.

Eine Zulassung bis Jahresende steht als Alternative im Raum

Frankreich will an seinem strikten Nein festhalten, auch Italien dürfte den weiteren Einsatz wohl ebenfalls ablehnen. Schweden und Luxemburg mit zehn und vier Stimmen tendieren zu einer Enthaltung. Österreich (10 Stimmen), Portugal (12), die Slowakei (7) und die Niederlande (13) schwanken noch. Somit wäre die deutsche Stimme am Ende entscheidend gewesen.

Doch der Streit in der Koalition hätte im Falle eines Votums eine Enthaltung provoziert: Zwar gelten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Agrarminister Christian Schmidt (CSU) als Befürworter des Herbizid-Einsatzes, die SPD-Minister lehnen ihn jedoch ab. Laut Koalitionsvertrag muss sich der deutsche Vertreter in Brüssel somit enthalten.

Was nun folgt, könnte eine Zulassung in Raten sein. Der EU-Kommission steht eigentlich das Recht zu, den Länder-Ausschuss zu übergehen, doch das will Präsident Jean-Claude Juncker in einer derart heiklen Frage vermeiden.

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Es wird erwartet, dass Brüssel den Vorschlag für eine weitere Zulassung noch einmal überarbeitet und dabei das Votum des EU-Parlamentes stärker als bisher berücksichtigt: Die Volksvertreter der 28 Staaten hatten sich dafür ausgesprochen, Glyphosat für lediglich sieben weitere Jahre zu erlauben, die Nutzung durch Hobbygärtner aber ebenso zu verbieten wie den Einsatz in der Nähe von öffentlichen Parks oder Kinderspielplätzen.

Die Initiative liegt nun bei der EU-Kommission. Sie werde wohl nach der Präsentation eines überarbeiteten Vorschlages die Länder-Vertreter Mitte Juni noch einmal zusammenrufen, mutmaßten Beobachter. Eine Alternative wäre die begrenzte Verlängerung der Zulassung bis zum Jahresende, um den Regierungen mehr Zeit zu geben, sich auf eine Position zu verständigen.

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