Glos und der Polizist: Was geschah an der Absperrung?
BERLIN - Der Wirtschaftsminister wird an einer Absperrung aufgehalten. Es kommt zum Eklat: Ein Polizist wird verletzt – hat der CSU-Mann ihm gedroht?
Nicht erst seit Beginn der Wirtschaftskrise fragen sich in Deutschland viele, was eigentlich der Wirtschaftsminister so macht. Nun hat sich CSU-Mann Michael Glos die vielen Klagen über seine farblosen Auftritte offenbar zu stark zu Herzen genommen: In Berlin zeigte er sich mit seinem Dienstwagen ungewohnt temperamentvoll. Einem Polizisten, der ihm im Weg war, fuhr der von einem Chauffeur gesteuerte Ministerwagen nach einer Auseinandersetzung offenbar über den Fuß.
Was sich auf der Berliner Charlottenstraße genau abspielte, dazu gibt es zwei Geschichten: Von keiner Seite bestritten wird der Vorfall an sich, der sich bereits am Dienstag ereignete, aber erst gestern bekannt wurde. Demnach sollte Glos in Vertretung von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel den kasachischen Ministerpräsidenten Nursultan Nasarbajew empfangen und fuhr mit seinem Wagen an einer Absperrung vor. Dort wurde er von dem Polizisten pflichtgemäß aufgehalten. Es gab einen Wortwechsel. Schließlich gab Glos’ Fahrer Gas und fuhr dem Beamten über den Fuß – was der Fahrer bestreitet.
Die Polizei nahm den Vorfall auf, der Minister ging zu Fuß weiter. Der Polizist wurde bei dem Vorfall leicht verletzt, musste im Krankenhaus ambulant behandelt werden und war auch zwei Tage danach noch nicht dienstfähig. Und gegen Glos’ Fahrer wird ermittelt: wegen Nötigung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort.
Hat Glos dem Polizisten mit dem Karriere-Ende gedroht?
So weit, so schlecht – noch interessanter ist aber der Ablauf der kleinen Debatte, und hier gehen die Erinnerungen der Beteiligten stark auseinander: Der Polizist gab zu Protokoll, Glos habe ihm mit dem Ende seiner Karriere gedroht, wenn er nicht den Weg freigibt. Dies wäre für Glos ein vermutlich folgenreicher Vorwurf, entsprechend klar fällt sein Dementi aus: „Der Minister hat diesen Satz definitiv nicht gesagt“, ließ Glos gestern einen Sprecher erklären.
Berlins Polizeisprecher Bernhard Schodrowski stellt sich diplomatisch zwischen die Fronten und bestätigt lediglich, es habe einen „Wortwechsel“ unter Beteiligung des Ministers gegeben. Über den Inhalt gebe es „unterschiedliche Darstellungen“.
Allerdings: Ganz wohl scheint Glos nicht zu sein, wie sich aus dem Inhalt eines Entschuldigungsbriefs an den Polizisten ergibt: „Unser gestriges Zusammentreffen an der Zufahrtskontrolle stand unter keinem guten Stern“, heißt es darin. „Sie hatten Ihre Anweisungen, die Sie auftragsgemäß befolgt haben“, so Glos weiter. „Ich wiederum war in Eile.“ Und: „Falls ich unwirsch reagiert haben sollte, bedauere ich dies.“
Nicht so ohne weiteres will die Gewerkschaft der Polizei den Fall auf sich beruhen lassen: „Bestätigen sich die Vorwürfe, sind Wirtschaftsminister Glos und sein Kraftfahrer nicht mehr tragbar“, so Landeschef Eberhard Schönberg. „Derartige Entgleisungen von Politikern sind nicht hinnehmbar. Für sie gelten dieselben Gesetze wie für alle Menschen in unserem Land. Sie sind nichts Besonderes, wenn sie das auch glauben.“
mue
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