Giftgaseinsatz erwiesen: USA greifen in Syrien ein

Erstmals hat die US-Regierung alle Zweifel am Einsatz tödlicher Giftgase durch das syrische Regime beseitigt - und kündigt Unterstützung für die Aufständischen an.
dpa |
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Washington - Obamas "Rote Linie" ist überschritten. Die US-Regierung hat erstmals alle Zweifel am Einsatz tödlicher Giftgase durch das syrische Regime beseitigt.

Gleichzeitig kündigte der stellvertretende Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Ben Rhodes, am Donnerstag in Washington militärische Unterstützung für die Aufständischen gegen Machthaber Baschar al-Assad an.

"Der Geheimdienst schätzt, dass bislang 100 bis 150 Menschen in Syrien durch die nachgewiesenen Attacken mit chemischen Waffen ums Leben gekommen sind", sagte Rhodes. Auch das Nervengas Sarin sei in geringen Mengen angewendet worden. Beim G8-Gipfel in Nordirland in der kommenden Woche wollten die USA nun mit ihren Alliierten über weitere Schritte beraten.

"Auch wenn die Todeszahl durch diese Angriffe lediglich einen kleinen Anteil an der Opferzahl in Syrien von nunmehr über 90 000 ausmacht, verletzt der Gebrauch chemischer Waffen internationale Normen und überschreitet klar die roten Linien, die seit Jahrzehnten in der internationalen Gemeinschaft gelten", sagte Rhodes.

US-Präsident Barack Obama plane jetzt eine verstärkte militärische Unterstützung der Rebellen. Bisher hat lediglich Russland Waffen in das Bürgerkriegsland geliefert - an das verbündete Regime in Damaskus. Obama hoffe, in diesem Punkt am Rande des G8-Gipfels mit Kremlchef Wladimir Putin weiterzukommen. In Verteidigungskreisen hieß es, dass die USA ihre F16-Kampfjets und Luftabwehrraketen des Typs Patriot in Jordanien stationiert lassen.

Obama hatte den Einsatz von Chemiewaffen in dem Bürgerkrieg stets als "Rote Linie" bezeichnet und dem Regime von Machthaber Assad Konsequenzen angedroht. "Der Präsident hat entschieden, dass er die Opposition stärker unterstützen wird", sagte Rhodes. "Das beinhaltet auch militärische Hilfe." Wie sie genau aussehen soll, ließ Rhodes im Unklaren. "Die geplante Unterstützung sieht aber anders aus als die bisherige", ließ der enge Mitarbeiter von Präsident Obama wissen.

Die USA würden sich darüber mit ihren Verbündeten wie Frankreich und Großbritannien beraten. "Wir werden auch mit anderen Nationen in der Region kooperieren", erklärte Rhodes. Es gebe noch keine Entscheidung über die Einrichtung einer möglichen Flugverbotszone.

Der Kongress sei über die jüngsten Erkenntnisse amerikanischer und europäischer Geheimdienste informiert worden. Der konservative Abgeordnete John McCain (Arizona) begrüßte die Bekanntmachung. Gemeinsam mit dem Abgeordneten Lindsey Graham (South Carolina) erklärte er: "Wir stimmen mit dem Präsidenten darin überein, dass diese Erkenntnis Auswirkungen auf die Syrien-Politik der USA haben muss." Die "Rote Linie" des Präsidenten sei überschritten worden. Es reiche nicht aus, lediglich die syrische Opposition militärisch zu unterstützen, sagte McCain.

Zuvor hatten bereits Frankreich und Großbritannien die Führung in Damaskus beschuldigt, Giftgas gegen die Rebellen eingesetzt zu haben. In der Vergangenheit hatten Experten wiederholt darauf hingewiesen, dass auch die Aufständischen im Besitz von Giftgas seien und die Kampfstoffe womöglich eingesetzt haben.

Bereits vor Monaten hatte es erste Berichte über den Einsatz von Giftgas im Bürgerkriegsland gegeben. Nach Erkenntnissen von UN-Ermittlern wurden wahrscheinlich mindestens viermal chemische Waffen eingesetzt. Es gebe "hinreichende Gründe", dies zu glauben, hatte die vom UN-Menschenrechtsrat berufene Syrien-Kommission am 4. Juni in Genf erklärt. Der Einsatz von Chemiewaffen ist nach internationalen Abkommen ein unter Strafe stehendes Kriegsverbrechen.

Nach einer neuen Opferstatistik der Vereinten Nationen hat der Aufstand gegen das syrische Regime seit seinem Beginn im März 2011 mindestens 93 000 Menschen das Leben gekostet. Nach UN-Darstellung könnte die tatsächliche Zahl der Toten noch viel höher sein. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, appellierte an alle Konfliktparteien, "einen Waffenstillstand zu erklären, bevor Zehntausende weitere Menschen getötet oder verletzt werden." Mehr als 6500 der Opfer seien Minderjährige gewesen - fast 1730 von ihnen Kinder unter zehn Jahren.

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